
Abra Oquepuño – Hochandenerlebnis am Dach der Interoceánica
Überblick: Der höchste Straßenpass zwischen Puno und Macusani
Das Abra Oquepuño ist ein spektakulärer Passübergang in der Cordillera de los Andes und der höchste Punkt der asphaltierten Straße zwischen Puno und Macusani. Auf etwa 4.872 m ü. M. (16.020 Fuß) schneidet die Interoceánica Sur, die Ruta Nacional PE-34B, quer durch den Gebirgskamm und ermöglicht den Übergang von einem Tal ins andere. Der Pass liegt in der Provinz Carabaya in der Region Puno, zwischen den Ortschaften Huasara und Trapiche.
Die Landschaft ist rau, offen und hochalpin: ein Gebiet mit dünner Luft, schneebedeckten Hängen und einem Klima, das sich rasch von Sonne zu Wind, Schnee oder Graupel wandeln kann. Gleichzeitig ist das Abra Oquepuño ein markanter Orientierungspunkt, ein Ort intensiver Andennatur – und ein Zentrum religiöser und kultureller Traditionen.
Andenlandschaft in extremer Höhe
Das Abra Oquepuño eröffnet eine eindrucksvolle Perspektive auf die Anden in ihrer ganzen Weite. Die Passhöhe ist umgeben von:
- hohen, sanft geschwungenen Bergrücken,
- weiten Puna-Ebenen mit hartem Grasbewuchs,
- Felsen, Geröllfeldern und gelegentlichen Schneeflecken.
Die Bedingungen sind typisch für die Hochpuna: kalte Temperaturen, starker Wind und spürbar niedriger Sauerstoffgehalt. Reisende, die hier anhalten, erleben die Anden in ihrer elementarsten Form – eine Landschaft, die ebenso karg wie beeindruckend ist.
Trotz der Härte der Umwelt zeigt sich das Leben auch hier sichtbar: Herden von Alpakas ziehen über die Hänge, und mit etwas Glück lassen sich auch Vicuñas beobachten, die elegant durch die Graslandschaft ziehen. Über den Höhen kreist gelegentlich der águila andina, der Andenadler, auf der Suche nach Aufwinden und Beute.
Kulturelle Bedeutung: Santísima Cruz und Andenfrömmigkeit
Neben der Funktion als Straßenpass ist das Abra Oquepuño ein wichtiger Ort der Andenfrömmigkeit. An der Passhöhe, direkt als Front zur asphaltierten Straße, wurde von der Gemeinde ein symbolischer Mauerbau errichtet:
- ein langer Mauerzug aus Mauerwerk mit 11 Bögen,
- eine dreigeschossige Turmstruktur an einem Ende, gestaltet wie ein Glockenturm mit Ziegeldach,
- eine breite, offene Explanade, die bis zur kleinen Kapelle der Santísima Cruz führt.
In dieser Kapelle wird die „milagrosa Cruz“ verehrt, eine heilige Kreuzesdarstellung, der besondere Schutz- und Segenskraft zugeschrieben wird. Das Abra Oquepuño ist damit auch ein Ort, an dem Reisende und Pilger um Bewahrung für sich selbst, ihre Familie und ihre Vorhaben bitten.

Feste und Rituale: Der letzte Freitag im Karneval
Die stärkste religiöse Aktivität entfaltet sich am letzten Freitag der Karnevalszeit. An diesem Tag kommen Gläubige:
- aus der Provinz Carabaya,
- aus verschiedenen Regionen Punos,
- und von anderen Orten Perus,
um an den Feierlichkeiten teilzunehmen. Rund um die Kapelle der Santísima Cruz werden bereits in den frühen Morgenstunden katholische Liturgien gefeiert. Doch neben den kirchlichen Ritualen finden auch tief verwurzelte andine Bräuche statt.
Viele Devotees bringen Miniaturen mit – kleine symbolische Objekte, die für ihre Wünsche stehen:
- Mini-Häuser für das ersehnte Eigenheim,
- kleine „Titel“ für Land oder Ausbildung,
- Autos, Geschäftssymbole und andere Zeichen materieller und beruflicher Ziele.
Diese Miniaturen werden gesegnet, mit Oferendas versehen und dienen als Brücke zwischen Glauben und Hoffnung. Es ist ein Ort, um um Segen für das Land, für neue Projekte und für Reisen zu bitten.
Überall in der Umgebung der Kapelle finden sich:
- Kreuze verschiedenster Größe,
- Steinhaufen, die als symbolische Opfergaben und Markierungen für Gebete errichtet wurden,
- mit Konfetti, Luftballons und Serpentinen geschmückte Andachtsorte, die dem Señor de Oquepuño gewidmet sind.
Auch lokale Transportunternehmen lassen ihre Fahrzeuge hier segnen, bevor sie sich täglich auf die kurvenreichen Andenstraßen begeben – ein Ausdruck des Vertrauens in Schutz und Führung auf den Wegen.
Religion, Mystik und Alltag im Hochland
Wer das Abra Oquepuño besucht, trifft auf eine faszinierende Mischung aus:
- katholischer Frömmigkeit – Prozessionen, Messen, Kreuzverehrung,
- andinen Ritualen – Opfergaben aus Steinen, Blumen, Papier und Miniaturen,
- Alltagspraxis der Hochlandbevölkerung – Familien, die gemeinsam reisen, ihre Hoffnungen teilen und den Andenraum als lebendigen spirituellen Raum erleben.
Besucher haben die Möglichkeit, diese Verflechtung von Glaube und Kultur zu beobachten und – mit Respekt – daran teilzunehmen. Das Abra Oquepuño ist nicht nur Aussichtspunkt, sondern auch ein Fenster in die spirituelle Welt der Anden.

Anreise zum Abra Oquepuño ab Macusani
Die Anreise zum Pass ist vergleichsweise einfach, da das Abra Oquepuño direkt an der Interoceánica Sur liegt. Von Macusani aus bietet sich eine kurze Fahrt an, die sich gut als Halbtags-Ausflug oder als Zwischenstopp auf einer längeren Route kombinieren lässt.
Route ab Macusani
- Startpunkt: Plaza de Armas der Stadt Macusani
- Ziel: Abra Oquepuño
- Art des Zugangs: terrestrisch
- Verkehrsmittel: Privatfahrzeug, Taxi oder lokaler Transport
- Art der Straße: vollständig asphaltiert (Interoceánica Sur, Ruta PE-34B)
- Distanz/Zeit: ca. 18 km / etwa 20 Minuten Fahrt
Während der kurzen Strecke steigt die Straße stetig an, bis sie die Passhöhe erreicht. Unterwegs eröffnen sich bereits eindrucksvolle Blicke auf die Berge und die Hochlandweiden der Puna.
Klima, Höhe und Besuchsempfehlungen
Auf 4.872 m ü. M. ist das Klima des Abra Oquepuño rau und wechselhaft. Besucher sollten sich auf:
- niedrige Temperaturen – besonders morgens und abends,
- möglichen Schneefall und Eis in der kühleren Jahreszeit,
- starke Sonneneinstrahlung und Wind,
- spürbaren Sauerstoffmangel (Höhenlage) einstellen.
Es empfiehlt sich:
- warme Kleidung im Zwiebelschalenprinzip,
- Mütze, Schal und Handschuhe,
- Sonnenschutz (Sonnenbrille, Sonnencreme),
- langsames Bewegen und tiefes Atmen, insbesondere für Personen ohne Höhenanpassung.
Beste Reisezeit und Tageszeiten
- Reisezeit: grundsätzlich das ganze Jahr über besuchbar.
- Empfohlene Tageszeiten: etwa 05:00 – 19:00 Uhr.
- Tipp: Die Morgenstunden sind besonders empfehlenswert – klarere Sicht, weniger Verkehr und ein eindrucksvolles Morgenlicht über der Cordillera.
Aktivitäten am Abra Oquepuño
Fotografie und Film
- Panoramafotografie der Hochandenkette und der Passlandschaft,
- Aufnahmen von Alpaka- und Vicuñaherden entlang der Straße,
- Dokumentation der Kapelle, der allegorischen Mauer und der Kreuze mit ihren bunten Dekorationen.
Landschaftsbeobachtung
- genaue Wahrnehmung der Dimensionen der Cordillera de Carabaya,
- Beobachtung von Andenfauna wie Alpacas, Vicuñas und dem Andenadler in ihrer natürlichen Umgebung,
- Erleben des typischen Hochandklimas und der Puna-Vegetation.
Kultur und Religion
- Teilnahme oder Beobachtung der religiösen Aktivitäten am letzten Freitag der Karnevalszeit,
- Verständnis der Bedeutung von Miniaturen, Kreuzen und Steinopfern im Kontext von Andenfrömmigkeit und katholischem Glauben,
- Austausch mit der lokalen Bevölkerung über Bräuche, Geschichten und persönliche Glaubenswege.
Das Abra Oquepuño ist damit weit mehr als nur ein Straßenpass: Es ist ein Schnittpunkt von Natur, Kultur und Spiritualität – ein Ort, an dem die gewaltige Geografie der Anden und die feinen Fäden menschlicher Hoffnung und Tradition zusammenlaufen.

