
Archäologische Stätte Cerro Tococawa bei Pomata
Zeremonialzentrum der Lupaka mit Steinmesa und Observatorium
Der Cerro Tococawa erhebt sich westlich von Pomata als Apu tutelar, als Schutzberg der Kleinstadt am Titicacasee. An seiner Westflanke liegt die archäologische Stätte Cerro Tococawa, ein zeremonielles Zentrum des aymarischen Lupaka-Reiches, in dem sich Terrassenfelder, Kultsteine, astronomische Markierungen und Monolithe zu einem eindrucksvollen Ritualraum verbinden. Hier wird die andine Kosmovision nicht nur archäologisch sichtbar, sondern auch heute noch in Ritualen der lokalen Gemeinden lebendig gehalten.
Terrassen und Steinmauern am Westhang
Der Zugang zur Stätte erfolgt über einen kurzen, aber steilen Aufstieg an der Westflanke des Cerro Tococawa, bei dem man etwa 50 Höhenmeter erklimmt. Oben angekommen, öffnet sich ein Ensemble aus Andenes – landwirtschaftlichen Terrassen – mit massiven Stützmauern:
- Terrassenmauern (anchacas) mit bis zu 5 Metern Höhe,
- Stützwände aus sorgfältig geschichteten Steinen,
- ein System, das sowohl Landgewinnung als auch rituelle Aufladung der Landschaft erkennen lässt.
Die Kombination aus landwirtschaftlicher Funktion und sakraler Nutzung ist typisch für die Lupaka-Kultur: Die Erde wurde nicht nur bewirtschaftet, sondern zugleich als heilige Ebene verstanden, auf der Menschen, Götter und Himmelskörper miteinander in Beziehung standen.
Die Mesa Qala – Steinmesa mit Tierpetroglyphen
Eine der bedeutendsten Strukturen am Cerro Tococawa ist die „mesa qala“, die „Steintafel“. Es handelt sich um einen Fels, der wie ein Vorsprung oder eine Felscorniche aus dem Hang herausragt und als rituelle Mesa diente.
Auf ihrer Oberfläche sind Petroglyphen eingeritzt:
- Kamelenartige Tiere – vermutlich Lamas oder Alpakas,
- Tarucas – andine Hirsche,
- weitere Symbole der andinen Kosmovision, die Bezüge zu Fruchtbarkeit, Jagd und rituellen Zyklen herstellen.
Die mesa qala wirkt wie ein Steinaltar, auf dem Opfergaben dargebracht, Zeichen gelesen und die Verbindung zwischen Mensch, Tierwelt und göttlicher Ordnung erneuert wurden.

Die Tanapaqa-Steinmaquette
Ein weiteres außergewöhnliches Element der Stätte ist die „piedra Tanapaqa“ – eine in Stein gehauene Maquette der Festung Tanapaca, die etwa 9 km südlich des Cerro Tococawa liegt. Diese Steinmaquette ist wie ein dreidimensionaler Plan gestaltet und zeigt:
- Mauerringe der Festung Tanapaca,
- Wohnringe und Häuser,
- Terrassen (Andenes) und Strukturen der Bergzitadelle.
Die piedra Tanapaqa verdeutlicht das hohe organisatorische und planerische Niveau der Lupaka-Herrschaften. Sie fungierte vermutlich als rituelle Darstellung und zugleich als Gedächtnisstütze für den Aufbau und die Bedeutung der Festung Tanapaca, die als militärisches und spirituelles Zentrum der Region galt.
Astronomisches Observatorium auf dem Gipfel
Auf der Gipfelzone des Cerro Tococawa befindet sich ein astronomisches Observatorium, direkt in den Fels eingelassen. In den Boden aus Stein sind Formen eingearbeitet, die:
- Sonne und Mond repräsentieren,
- die Laufbahn und Positionen bestimmter Gestirne markieren,
- auf Phasen des Mondes hinweisen.
Diese Markierungen halfen den Bewohnern des Lupaka-Reiches, Aussaat- und Erntezeitpunkte zu bestimmen und den landwirtschaftlichen Kalender mit kosmischen Zyklen in Einklang zu bringen. Damit war der Cerro Tococawa nicht nur ein Kultplatz, sondern auch ein Instrument der Zeitmessung und Planung.
Monolithe und Skulpturen des Lupaka-Reiches
Über die gesamte Gipfelzone des Cerro Tococawa verteilt finden sich Monolithe und Steinskulpturen aus der Zeit der Lupaka. Viele von ihnen sind noch in mittlerem bis gutem Erhaltungszustand und zeigen die Handschrift einer hoch entwickelten Steinmetzkunst:
- stehende Monolithe mit symbolhaften Formen,
- Felsbearbeitungen, die rituelle Plätze markieren,
- Relikte einer Kultlandschaft, die den Cerro Tococawa als heiligen Berg ausweist.
Gemeinsam mit den Terrassen, der mesa qala, der Tanapaqa-Maquette und dem Observatorium ergibt sich ein dichtes Netz aus spirituellen, agrarischen und astronomischen Bezugspunkten.
Lage und Anreise zur archäologischen Stätte Cerro Tococawa
Anreise von Puno über Huacani
Die archäologische Stätte Cerro Tococawa liegt im ländlichen Umland von Pomata und ist am besten über die Gemeinde Huacani erreichbar, wenige Kilometer vor Pomata.
- Puno – Abzweig Huacani: Vom Terminal Terrestre Zonal Sur de Puno fahren öffentliche Minibusse auf asphaltierten Straßen Richtung Pomata.
- Etwa 5 km vor Pomata befindet sich die Abzweigung zur Gemeinde Huacani, die als Hauptzugang zur Stätte dient.
- Distanz/Zeit: rund 100 km, etwa 1 Stunde 45 Minuten Fahrzeit.
Letzter Abschnitt zu Fuß
Vom Abzweig bei Huacani führt ein Fußweg direkt zur archäologischen Stätte:
- Abschnitt: Abzweig Huacani – Cerro Tococawa
- Art des Zugangs: zu Fuß auf einem Pfad (Sendero)
- Distanz/Zeit: etwa 900 m, rund 40 Minuten Gehzeit
Der Pfad steigt an der Westflanke des Cerro Tococawa an und erfordert festes Schuhwerk sowie grundsätzliche Höhenanpassung, ist aber für trittsichere Wanderer gut machbar.
Beste Reisezeit, Öffnungszeiten und Eintritt
Die archäologische Stätte Cerro Tococawa kann das ganze Jahr über besucht werden:
- Besuchszeitraum: ganzjährig
- Empfohlene Tageszeit: etwa 06:00 – 16:00 Uhr, um in Ruhe aufzusteigen und die Aussicht zu genießen
- Eintritt: frei – der Zugang ist ohne Eintrittsgebühr möglich.
Die frühen Morgenstunden und der späte Vormittag bieten meist klares Licht und gute Sicht auf den Titicacasee und die umliegende Bergwelt.
Flora, Fauna und Landschaft
Tierwelt am Cerro Tococawa
Rund um die Stätte lassen sich verschiedene Hochlandtiere beobachten, darunter:
- Vizcachas – Felsbewohner, die häufig auf Steinen sitzen und das Tal überblicken,
- gelegentliche Sichtungen des Andenfuchses (zorro andino), der eher scheu ist und meist in den frühen oder späten Stunden unterwegs ist.
Pflanzen des Altiplano
Die Vegetation am Cerro Tococawa ist typisch für die mittleren und höheren Lagen des Altiplano:
- Kantuta – die symbolträchtige Nationalblume,
- Panti panti – lokale Andenpflanze an Wegen und Hängen,
- Muña – aromatisches Kraut, das als Tee geschätzt wird,
- Pajonales – Horstgräser, die Hänge und Ebenen bedecken,
- Sträucher und Thola – widerstandsfähige Hochlandbüsche,
- andine Kakteen, die sich an Trockenheit und starke Sonneneinstrahlung angepasst haben.
Landschafts- und Vogelbeobachtung
Von der Stätte aus hat man einen weiten Blick über die Kulturlandschaft des Altiplano:
- auf den Lago Titicaca,
- auf die Cordillera Real in Bolivien,
- auf den Vulkan Khapia, den als Apu verehrten Schutzberg der Region.
Für Vogelbeobachter bietet der Cerro Tococawa spannende Sichtungen:
- Andengmöwen,
- Lequechos (lokale Wasservögel),
- schwarze Ibisse (bandurrias negras),
- Adler und Turmfalken (cernícalos),
- Jakacllos und Schwalben.
Rituale und andine Spiritualität
Der Cerro Tococawa ist nicht nur eine archäologische Stätte, sondern ein lebendiger Ritualberg. Gemeinsam mit den Gemeinden Huacani und Sisipampa werden hier regelmäßig „Pagos a la Pachamama“ durchgeführt – traditionelle Andenrituale, bei denen:
- die Mutter Erde (Pachamama) geehrt und um Schutz gebeten wird,
- um gute Ernten, Gesundheit und Harmonie in der Gemeinschaft gebeten wird,
- Opfergaben wie Koka-Blätter, Speisen, Getränke und symbolische Objekte dargebracht werden.
Besucher sollten diese Rituale mit Respekt und Zurückhaltung begleiten, lokale Gepflogenheiten beachten und im Zweifel nachfragen, bevor sie fotografieren oder an Zeremonien teilnehmen.
Aktivitäten für Besucher
Die archäologische Stätte Cerro Tococawa ist ideal für Reisende, die Kulturgeschichte, Naturbeobachtung und Spiritualität miteinander verbinden möchten.
- Caminata/Trekking – kurzer, aber intensiver Aufstieg mit lohnenden Aussichten.
- Fotografie – Terrassen, Kultsteine, Monolithe, Observatorium und Panoramen bieten starke Bildmotive.
- Flora- und Faunabeobachtung – Vizcachas, Andenfuchs, Kantuta, Muña und Hochlandvögel.
- Kulturelle und rituelle Erfahrung – Beobachtung oder respektvolle Teilnahme an Pachamama-Ritualen mit den Gemeinden Huacani und Sisipampa.
Wer den Cerro Tococawa besucht, steht inmitten einer Kultlandschaft der Lupaka, in der Stein, Himmel, See und Ritual bis heute untrennbar miteinander verwoben sind.

