
Archäologische Stätte Ichucollo bei Zepita
Vorinkaische Chullpas und Felskunst im Hochland von Puno
Auf dem Cerro Ichucollo, in der gleichnamigen bäuerlichen Gemeinde nahe Zepita, liegt eine archäologische Stätte, in der sich Grabtürme, unterirdische Kammern und Felskunst zu einem eindrucksvollen Ensemble verbinden. Die Archäologische Stätte Ichucollo bewahrt Spuren des aymarischen Lupaka-Herrschaftsgebiets (12.–15. Jahrhundert) und reicht mit ihren Felsgravuren bis in eine rund 8.000 Jahre umspannende Vergangenheit zurück.
Chullpas von Ichucollo: Grabtürme der Lupaka
Am Hang des Cerro Ichucollo stehen mehrere Chullpas, typische Grabtürme des Altiplano, die den Eliten der Lupaka vorbehalten waren. Drei von ihnen sind besonders deutlich erkennbar und zeigen unterschiedliche Bauweisen:
- Erste Chullpa: runde Basis aus unregelmäßigen Steinen, die ohne Mörtel aufgeschichtet wurden – ein einfacher, aber massiver Baukörper.
- Zweite Chullpa: quadratische Basis aus zurechtgehauenen, rechteckigen Steinen. Hier ist noch eine deutlich ausgearbeitete Gesimszone sichtbar, die dem Turm Struktur und Ornament verleiht.
- Dritte Chullpa: wiederum runde Basis mit unregelmäßigen Blöcken in verschiedenen Größen, mit Resten einer steinernen Trauf- oder Gesimszone, die bis heute zu erkennen ist.
Diese Bauten werden dem Lupaka-Periodenkomplex (12.–15. Jh.) zugerechnet und zeugen von der Bedeutung des Ortes als Bestattungs- und Kultstätte für ranghohe Persönlichkeiten.
Unterirdische Kammer: Kreuzgrundriss aus behauenem Stein
Auf einem anderen Abschnitt des Hangs befindet sich der Eingang zu einer unterirdischen Kammer, die wie ein verborgenes Heiligtum wirkt. Der Zugang führt in einen Raum mit:
- Wänden und Decke aus sorgfältig behauenen und polierten Steinen,
- einem Grundriss in Kreuzform,
- neun Nischen in den Innenwänden, die wahrscheinlich für Opfergaben, Gebeine oder rituelle Objekte dienten.
Die vermessenen Abmessungen unterstreichen die Präzision der Bauweise:
- Länge des Zugangstunnels: ca. 4,42 m,
- Länge des Querarms: ca. 4,23 m.
Vermutlich handelt es sich um die unterirdische Kammer einer Lupaka-Chullpa, die während der Inka-Okkupation weiterverwendet oder umgestaltet wurde – ein Hinweis darauf, wie sich religiöse Traditionen überlagern und fortsetzen.

Felskunst von Ichucollo: Tiere, Jäger und Symbole
In einem vulkanischen Felsüberhang am Cerro Ichucollo erstrecken sich mehrere Bildtafeln mit Felsgravuren, die mehr als zehn Meter lang sind. Hier zeigt sich eine erstaunliche Vielfalt an Motiven:
- Camélidos – Lamas oder Alpakas in verschiedenen Positionen,
- Menschenfiguren in diversen Haltungen, teils in Bewegung, teils statisch,
- Feliden – Raubkatzen, möglicherweise Pumas oder andere Großkatzen,
- Vögel, darunter vermutlich der Suri (Nandus des Altiplano),
- geometrische Figuren wie Linien und abstrakte Formen.
Besonders hervor stechen zwei menschliche Figuren mit Bogen und Pfeilen, die Jagdszenen oder kämpferische Rollen darstellen könnten. Ein weiteres markantes Motiv ist die Überlagerung eines Felins über Camélidos – eine Szene, die Macht, Jagd oder den Zyklus von Beute und Jäger symbolisieren kann.
Aufgrund der unterschiedlichen Stile und Überlagerungen wird das Felskunst-Ensemble auf ungefähr 8.000 Jahre datiert. Es dokumentiert damit eine lange Tradition von Jagd, Ritual und Weltsicht im Hochland von Puno.

Flora und Landschaft am Cerro Ichucollo
Die Umgebung von Ichucollo ist typisch für das Hochland des Altiplano und lädt zu Naturbeobachtung und Fotografie ein.
Hochlandpflanzen
Auf den Hängen und in den höher gelegenen Bereichen gedeihen robuste Pflanzen, die an Kälte, Sonne und Wind angepasst sind:
- Thola – widerstandsfähiger Strauch, der als Brennmaterial dient,
- Queñua – hochandiner Baum, dessen Bestände vielerorts selten geworden sind,
- Ichu – zähes Hochlandgras, das die Hänge bedeckt und als Futter sowie Baustoff genutzt wird.

Lage und Anreise zur Archäologischen Stätte Ichucollo
Anreise von Puno über Desaguadero
Ichucollo liegt im ländlichen Umland der Provinz Chucuito, zwischen Puno und der Grenzstadt Desaguadero.
- Puno – Desaguadero:
- Abfahrt vom Terminal Terrestre Zonal Sur de Puno,
- Fahrt mit einem öffentlichen Minibus auf asphaltierten Straßen bis zum Terminal Zonal Desaguadero,
- Distanz: ca. 146 km,
- Fahrzeit: rund 2 Stunden 30 Minuten.
- Desaguadero – Abzweig Ichucollo:
- Weiterfahrt mit einer Combi auf asphaltierter Straße zum Abzweig nach Ichucollo,
- Distanz: ca. 28 km,
- Fahrzeit: etwa 35 Minuten.
- Abzweig – Archäologischer Komplex Ichucollo:
- zu Fuß auf einem befestigten Weg (afirmado),
- Distanz: ca. 800 m,
- Gehzeit: etwa 30 Minuten.
Der letzte Abschnitt führt über leicht ansteigendes, teils steiniges Gelände. Feste Schuhe, Sonnenschutz und etwas Kondition auf Höhe sind empfehlenswert.
Beste Reisezeit und Besuchszeiten
Die Archäologische Stätte Ichucollo kann das ganze Jahr über besucht werden:
- Besuchszeitraum: ganzjährig,
- Empfohlene Tageszeit: ca. 09:00 – 16:00 Uhr, um An- und Rückweg bei Tageslicht zu bewältigen.
In der Trockenzeit (ungefähr April bis Oktober) sind Wege und Zugänge meist besser begehbar, während in der Regenzeit (November bis März) der Boden rutschig sein kann.
Aktivitäten für Besucher
Ichucollo ist ein Ziel für Reisende, die Archäologie, Felskunst und Natur abseits der üblichen Routen erleben möchten.
- Fotografie und Film – Chullpas, unterirdische Kammer, Felsgravuren, Hochlandflanken und Himmelsschauspiel bieten starke Motive.
- Studien und Forschung – ideal für archäologische, anthropologische und kunsthistorische Arbeiten zu Lupaka-Chullpas und Felskunst.
- Flora-Beobachtung – typische Hochlandvegetation mit Thola, Queñua und Ichu.
- Caminata/Trekking – der Zugang zum Cerro Ichucollo ist eine kurze, aber eindrucksvolle Wanderung durch das Altiplano.
Wer die Archäologische Stätte Ichucollo besucht, steht an einem Ort, an dem sich 8.000 Jahre Geschichte in Stein, Linien und Türmen eingeschrieben haben – ein stilles, aber tiefes Zeugnis der Kultur des südlichen Titicacasee-Raums.

