
Arte Rupestre de Chaqatira bei Macusani – Felskunst im Hochland von Puno
Überblick: Prähistorische Felsbilder im Herzen der Cordillera de Carabaya
Nur etwa 10 Kilometer westlich der Stadt Macusani, am Rand der Comunidad Campesina von Tantamaco und wenige Meter links der Interozeanischen Straße in Richtung des Distrikts Ollachea, liegt der Felsunterstand von Chaqatira. Hier haben die ersten Bewohner der Region ihre Welt in Fels graviert und gemalt: Jagdszenen, geometrische Muster und Tiere, eingefangen als spirituelle Ausdrucksform, als Bitten um erfolgreiche Jagd und fruchtbare Herden.
Der natürliche Felsüberhang diente den prähistorischen Gemeinschaften zugleich als Rastplatz und Schutzraum. Auf der exponierten Felsoberfläche sind bis heute die Zeugnisse dieser frühen Hirten- und Bauernkulturen sichtbar – ein offenes Bilderbuch über Religion, Identität und Alltagsleben im Hochland von Carabaya.
Lage und Anreise
Das Arte Rupestre de Chaqatira befindet sich:
- Region: Puno, Provinz Carabaya, Nähe der Stadt Macusani
- Distanz: ca. 10 km westlich von Macusani an der Interozeanischen Straße in Richtung Ollachea
- Umgebung: Rand der bäuerlichen Gemeinschaft von Tantamaco, wenige Gehminuten von der Straße entfernt
Die Anreise erfolgt typischerweise in mehreren Etappen von der Stadt Puno aus:
- Puno – Juliaca
Terminal Terrestre Zonal Interprovincial de Puno – privates Terminal nach Macusani in Juliaca (Ausfahrt Richtung Cusco)
Verkehrsmittel: Combi / Minibus
Art der Straße: Asphalt
Distanz/Zeit: ca. 47 km / rund 1 Stunde 10 Minuten - Juliaca – Macusani
Privates Terminal nach Macusani in Juliaca – Terminal Terrestre Interprovincial de Macusani
Verkehrsmittel: Combi / Minibus
Art der Straße: Asphalt
Distanz/Zeit: ca. 210 km / rund 3 Stunden - Macusani – Interozeanische Straße km 10
Terminal Terrestre Interprovincial de Macusani – Interozeanische Straße Richtung Ollachea (Kilometer 10)
Verkehrsmittel: Taxi oder privates Fahrzeug
Art der Straße: Asphalt
Distanz/Zeit: ca. 10 km / etwa 10 Minuten - Interozeanische Straße km 10 – Felskunst von Chaqatira
Von der Straße aus führt ein kurzer Pfad direkt zum Felsunterstand.
Verkehrsmittel: zu Fuß
Art des Weges: Pfad/Sendero
Distanz/Zeit: ca. 100 m / etwa 5 Minuten

Geschichte und kulturelle Bedeutung
Die Felsbilder von Chaqatira gelten als Ausdruck der ersten sesshaften Gemeinschaften in den östlichen Hochtälern der Cordillera. Die prähistorischen Künstler waren Hirten und Bauern, die in den oberen Bereichen ihres Territoriums vor allem auf die Haltung von Kameliden – Lamas und Alpakas – angewiesen waren. Ihre Zeichnungen und Malereien sind mehr als dekorative Elemente: Sie sind sichtbare Spuren einer spirituellen Welt, in der Jagd, Fruchtbarkeit und Schutz der Herden eng mit rituellen Handlungen verbunden waren.
Identität und soziale Zugehörigkeit
Die geschlossenen und offenen geometrischen Kompositionen, die in Chaqatira zu sehen sind, könnten als soziale Marken innerhalb eines ayllu – einer andinen Verwandtschafts- und Siedlungsgemeinschaft – gedient haben. Sie fungierten vermutlich als Zeichen bestimmter Familienclans von Hirten und Ackerbauern, die die Kopfregionen der östlichen Täler bewohnten. Solche Symbole halfen, Territorien zu kennzeichnen, Zugehörigkeit zu manifestieren und die eigene Identität sichtbar im Fels zu verankern.
Rituale und Fruchtbarkeit der Herden
Vieles deutet darauf hin, dass die abstrakten Formen und Tierdarstellungen eng mit Ritualen zum Schutz und zur Vermehrung der Kamelidenherden verknüpft waren. In einer hochandinen Umwelt, in der das Überleben von den Tieren, der Jagd und dem Wetter abhing, wurden zeremonielle Handlungen und Opferungen zu zentralen Momenten, um die Balance zwischen Mensch, Tier und Landschaft zu sichern. Die Felswand von Chaqatira war dabei vermutlich eine Art rituelle Bühne und Gedächtnisort zugleich.

Motivwelt: Geometrie, Tiere und Farbe
Die Felskunst von Chaqatira besticht durch eine reiche Vielfalt geometrischer Motive:
- Quadrate und Rechtecke
- Dreiecke und abstrahierte Felder
- gezackte Linien und Zickzack-Muster
- Bänder, die an gewebte Textilien erinnern
Viele dieser Formen erinnern an die traditionellen Textildesigns des pallay, also an Muster, die in den gewebten Stoffen der Anden Gemeinschaften soziale Stellung, Abstammung und ethnische Zugehörigkeit sichtbar machten. Charakteristisch sind auch Motive, die den tocapus ähneln – symbolgeladene, quadratische Ornamentfelder, die in der vorkolonialen Andenwelt als Träger von Status und Identität galten.
Nach archäologischen Vergleichen könnten die Designs von Chaqatira zeitlich zwischen dem frühen Zwischenhorizont und dem späten Horizont der andinen Kulturgeschichte liegen, also in Epochen, die sowohl vorinkaische Traditionen als auch die Inkaherrschaft einschließen. Ergänzt werden die geometrischen Kompositionen durch Szenen von Kameliden und Hirschen, die ruhig in Gruppen weiden – ein direktes Abbild der damaligen Alltagswelt.
Die Farbpalette der Felsmalereien umfasst:
- Indischrot – für Umrisse und markante Figuren
- Gelbtöne – für Flächen und Details
- Weiß – zum Hervorheben und Kontrastieren
Diese erdigen Pigmente standen den Menschen vor Ort zur Verfügung und verdichten sich auf dem Fels zu einem stillen, aber kraftvollen Zeugnis andiner Ästhetik.
Natürlicher Kontext: Landschaft, Flora und Fauna
Der Felsunterstand von Chaqatira ist eingebettet in eine hochandine Landschaft, in der schroffe Felsen, weite Himmel und das Gold der Gräser dominieren. Die Umgebung ist nicht nur archäologisch, sondern auch ökologisch interessant.
Flora: Hochandine Pflanzenwelt
In der Umgebung des Felskunstortes finden sich typische Hochlandpflanzen, die sich an Wind, Kälte und intensive Sonneneinstrahlung angepasst haben:
- Hiru ichu – hartes Hochlandgras, das die Hänge goldgelb überzieht
- Paqupaqu – polsterartige Pflanzen, die den Boden bedecken
- Chilligua – widerstandsfähige Andengewächse der kargen Zonen
- Kakteen wie Orco huaraqo und China waraqu, die an Felsvorsprüngen und Hängen wachsen
- Brennnesselartige Pflanzen wie Urqu kisa, die in geschützteren Ecken zu finden sind
Fauna: Andentiere am Felsunterstand
Bei einem Besuch lassen sich mit etwas Geduld verschiedene Tierarten beobachten:
- Vizcachas – große, kaninchenähnliche Nager, die sich gerne zwischen den Felsen verstecken
- wilde Meerschweinchen (cuyes silvestres), die in den Gräsern huschen
- südamerikanische Kameliden – vor allem Lamas und Alpakas in den höher gelegenen Weiden
Vögel: Lautlose Begleiter des Hochlandes
Der Himmel über Chaqatira wird von typischen Hochlandvögeln durchzogen:
- Andensperling (gorrión andino) – der kleine, häufige Begleiter der Dörfer
- Gebirgsadler (águila cordillerana) – majestätischer Greifvogel der Berghänge
- Turmfalken (cernícalos) – wendige Jäger, die über den Feldern kreisen
- Alqamaris – lokale Vogelarten, die in der Mythologie und im Alltag der Bevölkerung verankert sind
Beste Reisezeit und Besuchszeiten
Der Felskunstort von Chaqatira kann grundsätzlich das ganze Jahr über besucht werden. Offiziell empfohlene Besuchszeiten sind:
- Besuchszeitraum: ganzjährig
- Empfohlene Uhrzeit: 07:00 Uhr bis 17:30 Uhr
Die Vormittagsstunden bieten meist das klarste Licht für Fotografie, während am Nachmittag die Sonne die Felsoberflächen warm einfärbt und die Gravuren plastischer erscheinen lässt. Wie überall im Hochland sollten Besucher auf plötzliche Wetterumschwünge achten und sich gegen Sonne, Wind und Kälte schützen.
Die heutige Nutzung des Ortes knüpft an seine ursprüngliche Funktion als Rastplatz und Schutzraum an: Wanderer, Forscher und kulturinteressierte Reisende treten in einen Raum ein, der seit Jahrhunderten Zuflucht und Bedeutung stiftet.
Aktivitäten am Arte Rupestre de Chaqatira
Der Besuch von Chaqatira lässt sich mit verschiedenen kulturellen und naturbezogenen Aktivitäten verbinden:
- Fotografie und Film
Die Felsbilder, das Licht der Hochandensonne und die offene Landschaft bieten ideale Bedingungen für Foto- und Filmaufnahmen. - Kulturelle Aktivitäten und Rituale
Im Rahmen des andinen Festkalenders finden in der Region traditionelle Zeremonien statt, bei denen Pachamama (Mutter Erde) geehrt und zyklische Erneuerung gefeiert wird, etwa:- das andine Neujahr (año nuevo andino)
- der Tag der Pachamama
- Karnevalsfeiern
- Pentecostés (Pfingsten)
- der Domingo de Tentación und andere lokale Festtage
Während dieser Anlässe werden mystische und traditionelle Rituale durchgeführt, die den überlieferten Weltbildern der andinen Bevölkerung folgen.
- Studien und Forschung
Aufgrund der Kombination aus Felskunst, Landschaft und lebendigem Brauchtum ist Chaqatira ein interessantes Feld für archäologische, ethnografische und naturwissenschaftliche Untersuchungen. - Beobachtung von Flora und Fauna
Der Ort eignet sich hervorragend zur Beobachtung der typischen Hochlandvegetation, der Kamelidenherden sowie von Vizcachas, wilden Meerschweinchen und zahlreichen Vogelarten. - Landschaftserlebnis
Die weiten Blicke über die Täler und Berge machen Chaqatira auch für Reisende attraktiv, die einfach die Stille und Größe der Andenlandschaft erleben möchten.

