
Arte Rupestre de Qelqatani – Prähistorische Felskunst im Altiplano
Überblick: Felsbilder der ersten Jäger des Hochlands
Das Arte Rupestre de Qelqatani liegt rund 25 km südwestlich von Mazocruz in der Gemeinde Chichillapy, Sektor Laca, im südlichen Altiplano der Region Puno. In einem weitläufigen Felsgebiet, im obersten Abschnitt des Río Coirari, befindet sich ein imposanter Felsüberhang von etwa 20 m Länge, 6 m Breite und 3 m Höhe. In diesem natürlichen Schutzdach haben nomadische Jäger und frühe Siedler des Hochlands eine Fülle von Felszeichnungen hinterlassen – eine der ältesten künstlerischen und kulturellen Handschriften des peruanischen Altiplanos.
Auf zahlreichen Felsflächen zeigen sich menschliche Figuren, Andenkameliden, Füchse, Pumas, Jagdszenen, Familienszenen und geometrische Motive in Rot, Schwarz und Weiß. Viele Fachleute zählen Qelqatani, zusammen mit Pizacoma (Calicanto), zu den ältesten bekannten Kunstzeugnissen nomadischer Jägerkulturen im Hochland – Felskunst, die in ihrer Ausdruckskraft häufig mit den Höhlen von Altamira verglichen wird.
Lage und archäologischer Kontext
Qelqatani liegt in einer hoch gelegenen, offenen Felslandschaft des Altiplanos, wo der Río Coirari seine Quellregionen bildet. Das Gebiet gehört zur Gemeinschaft Chichillapy – Sektor Laca und ist von weiten, kargen Hochlandflächen und Felsbändern umgeben.
Archäologisch gehört Qelqatani zu den frühesten Besiedlungsspuren des südperuanischen Hochlandes. Die Region wurde von bedeutenden Forschern untersucht:
- Mark S. Aldenderfer führte Ausgrabungen durch und ordnete die Besiedlung der lithischen Phase des keramischen Zeitraums zu.
- Carlos Amat machte Qelqatani bereits 1940 bekannt.
- Christian Spahni rekonstruierte 1965 mit Hilfe von Irma Gebert über 1.000 Zeichnungen der Felsbilder auf speziellen Leinwänden.
Damit gilt Qelqatani als Schlüsselort der prähistorischen Kunst und Archäologie im Grenzraum zwischen Peru und Bolivien.
Der Felsunterstand von Qelqatani
Das Zentrum der Fundstelle bildet ein breiter Felsüberhang, der natürlichen Schutz vor Wind, Regen und Sonne bietet. Die Überhänge dienen als:
- Rastplatz und Lager für Jägergruppen,
- Schutz- und Rückzugsraum bei extremem Hochlandwetter,
- Ort der künstlerischen und spirituellen Ausdrucksformen.
Der Bereich ist durch niedrige Trockenmauern aus übereinander geschichteten Steinplatten teilweise eingefasst, die wie eine symbolische Begrenzung und Schutzlinie wirken. Die Felsflächen unter dem Dach und an den Seiten dienen als „Leinwand“ für die Felskunst – vor allem am rechten Felsvorsprung, wo sich eine große Vielfalt zoomorpher Darstellungen konzentriert.
Die Felsbilder von Qelqatani
Die Felskunst von Qelqatani verteilt sich auf zahlreiche Panels, die zusammen ein komplexes, narrativ wirkendes Bildprogramm bilden. Die Darstellungen wurden mit natürlichen Pigmenten in den Farben Rot, Schwarz und Weiß ausgeführt.
Menschliche Figuren und Alltagsszenen
- Menschliche Silhouetten – teils stilisiert, teils mit erkennbaren Körperhaltungen.
- Szenen des Zusammenlebens – kleinere Gruppen, die als Familien oder soziale Einheiten interpretiert werden.
- Jagd- und Bewegungsmotive – Figuren mit erhobenen Armen, in Schrittstellung, teils mit Jagdgerät.
Tiere des Hochlands: Kameliden, Füchse, Pumas
- Camélidos andinos – Lamas, Alpakas oder ihre wilden Vorfahren, oft in Herden dargestellt.
- Füchse – in kleinerer Zahl, vermutlich als Begleiter oder als Teil der Jagdlandschaft.
- Pumas – als kraftvolle Raubtiere, die eine wichtige Rolle in der andinen Symbolik spielen.
Diese Tiere sind zentrale Akteure in den Jagdszenen, die häufig das Ergebnis einer kollektiven Jagdorganisation dokumentieren: Treiben der Herden, Umzingeln von Beute, Jagderfolg.
Jagd- und Ritualszenen
Die Felsbilder zeigen eine Vielzahl von Jagdszenen, in denen Gruppen von Jägern hinter oder neben Kameliden zu erkennen sind. Diese Szenen werden oft als Ausdruck:
- der ökonomischen Basis (Jagd, Nahrung, Fell, Knochen),
- der sozialen Zusammenarbeit (kollektive Jagd),
- und möglicher ritueller Handlungen (Bitte um erfolgreiche Jagd) interpretiert.
Geometrische Motive
Neben den figürlichen Darstellungen gibt es geometrische Formen:
- Linien und Bänder,
- abstrakte Zeichen,
- kompositionelle Elemente zwischen Figuren.
Sie werden von Forschern als mögliche Symbole für Zugehörigkeit, Pfade, Territorien oder spirituelle Vorstellungen gesehen – ein Zeichensystem, das bis heute nicht vollständig entschlüsselt ist.

Lebenswelt und Bedeutung des Ortes
Aufgrund seiner natürlichen Beschaffenheit diente Qelqatani den frühen Bewohnern des Hochlands als:
- Schutzraum gegen Kälte und Wind,
- Ruhe- und Lagerplatz auf saisonalen Wanderwegen,
- Refugium und Wohnstätte für Gruppen, die länger im Gebiet verweilten.
Die Felszeichnungen werden als künstlerische und spirituelle Spur dieser Menschen verstanden – eine visuelle Chronik ihrer Jagden, ihres Alltags und ihrer Beziehung zu den Tieren, die ihr Überleben sicherten. Über Jahrtausende hinweg sind diese Bilder erhalten geblieben und wirken heute wie eine zeitlose Botschaft aus der Frühgeschichte.
Forschungsgeschichte
Qelqatani spielt eine herausragende Rolle in der Forschung zur Felskunst des Altiplanos:
- 1940: Der peruanische Forscher Carlos Amat macht den Ort bekannt.
- 1965: Christian Spahni dokumentiert die Felskunst ausführlich und rekonstruiert mit Irma Gebert über 1.000 Zeichnungen auf speziellen Leinwänden.
- Mark S. Aldenderfer führt archäologische Grabungen durch und ordnet die Fundschichten der lithischen Phase des keramischen Zeitraums zu.
Viele Fachleute betonen, dass Qelqatani in künstlerischer und archäologischer Bedeutung internationalen Stätten wie Altamira nicht nachsteht, auch wenn es weniger bekannt ist.
Anreise zum Arte Rupestre de Qelqatani
Die Anreise erfordert mehrere Etappen über Ilave, Desaguadero und Mazocruz bis zur Hochlandgemeinde Santa Rosa. Ein Geländewagen ist für die letzte Strecke empfohlen.
Ilave – Desaguadero
- Terminal Terrestre Ilave – Paradero Desaguadero
Art des Zugangs: terrestrisch
Verkehrsmittel: öffentlicher Minibus
Straßentyp: asphaltiert
Distanz/Zeit: ca. 95 km / etwa 1 Std. 40 Min.
Desaguadero – Mazocruz
- Paradero Desaguadero – Paradero Mazocruz
Art des Zugangs: terrestrisch
Verkehrsmittel: Geländewagen (camioneta doble tracción)
Straßentyp: asphaltiert
Distanz/Zeit: ca. 144 km / rund 2 Std. 30 Min.
Mazocruz – Qelqatani
- Paradero Mazocruz – Arte Rupestre de Qelqatani
Art des Zugangs: terrestrisch
Verkehrsmittel: Geländewagen
Straßentyp: befestigte Piste (afirmado)
Distanz/Zeit: ca. 25 km / etwa 50 Min.
Vor Ort ist es empfehlenswert, sich von Ortskundigen begleiten zu lassen, die den Zugang, das Gelände und die kulturelle Bedeutung der Stätte kennen.
Beste Reisezeit und praktische Hinweise
Qelqatani kann das ganze Jahr über besucht werden, doch das harte Hochlandklima erfordert eine gute Vorbereitung. Besonders morgens sind Licht und Wetter meist stabiler.
- Besuchszeitraum: ganzjährig
- Empfohlene Tageszeit: 06:00 – 16:00 Uhr, vorzugsweise am Vormittag
Empfohlen werden:
- Warme, winddichte Kleidung im Zwiebellook,
- feste Wanderschuhe für Fels- und Hochlandgelände,
- Sonnenschutz (Hut, Sonnenbrille, Sonnencreme),
- ausreichend Wasser und Snacks,
- respektvoller Umgang mit den Felsbildern (kein Berühren, kein Übermalen, kein Anbringen von Graffiti).
Aktivitäten für Besucher
Qelqatani ist in erster Linie ein Ziel für kultur- und naturinteressierte Reisende, Forschende und Fotografinnen und Fotografen.
- Fotografie und Filmaufnahmen
Dokumentation der Felsbilder, der Felsformationen und des weitläufigen Altiplano-Panoramas. - Studien und Forschung
Vertiefte Beschäftigung mit der Felskunst, Symbolik und Archäologie des Ortes in Zusammenarbeit mit Fachleuten und lokalen Behörden. - Landschaftsbeobachtung
Betrachtung des Hochlandpanoramas rund um den Río Coirari, die Felsformationen und die weiten Ebenen des Altiplanos.
Das Arte Rupestre de Qelqatani ist damit Galerie, Schutzraum und Geschichtsbuch zugleich – ein Ort, an dem sich die ersten künstlerischen Spuren der Hochlandbewohner bis heute in den Felsen eingeschrieben haben.

