
Chullpas de Santa María – präinkaische Grabtürme bei San Antón
Überblick: Präinkaische Nekropole am Qhapaq Ñan
Die Chullpas de Santa María liegen in der Gemeinde Huanaco Mayo, Sektor Ayahuasi, nur etwa 400 Meter links der südlichen Interozeanica-Straße auf dem Abschnitt Azángaro – Macusani. Auf einer felsigen Anhöhe breitet sich eine Gruppe präinkaischer Grabtürme über dem Altiplano aus – eine stille Nekropole, in der die Spuren vergangener Kulturen, verwitterte Begräbnisarchitektur und die offene Andenlandschaft eng ineinandergreifen.
Rund um die Chullpas rahmen die Hügel Apu Trincherani und Pichacani die Szenerie. Reste von Mauern, Terrassen, Höhlen und Gräbern sowie Fragmente von Keramik erzählen von einem vielschichtigen Siedlungs- und Ritualraum, der bis heute weitgehend ursprünglich wirkt.
Geschichte und Bedeutung der Chullpas de Santa María
Die Chullpas de Santa María stammen aus einer präinkaischen Epoche, als verschiedene lokale Kulturen das Altiplano bewohnten und ihre Toten in Grabtürmen, Felskammern und Felsnischen beisetzten. Die Anlage liegt in einem Gebiet, das wahrscheinlich an eine wichtige Route des Qhapaq Ñan, des großen Inka-Straßennetzes, angebunden war.
In der unteren Zone des Hangs verlief einst vermutlich ein Abschnitt dieses Wegenetzes; heute nutzt die lokale Bevölkerung den Pfad hauptsächlich für den Transport ihres Viehs. Die Kombination aus Chullpas, Felsgräbern, Mauern und Terrassen macht Santa María zu einem bedeutenden archäologischen und landschaftlichen Ensemble, das noch immer auf seine ausführliche wissenschaftliche Erforschung wartet.
Die Chullpas: Formen, Bauweise und Zustand
Auf der Felsrippe oberhalb der Straße befinden sich rund 32 Chullpas, die in ihrer Bauweise deutlich rustikaler wirken als die berühmten Grabtürme von Sillustani oder Cutimbo. Gerade diese Schlichtheit gibt einen authentischen Einblick in lokale Varianten der Grabarchitektur.
Architektur und Materialien
- Grundriss: Überwiegend kreisförmige Chullpas.
- Bauweise: Errichtet aus unbearbeiteten Steinen, ohne feinen Zuschliff.
- Mauerwerk: In einigen Türmen sind die unteren Steinlagen mit sehr dünnen Schichten aus Lehmmörtel (Argamasa de barro) verbunden.
- Höhe: Viele Chullpas sind nur noch teilweise erhalten, mit 4–5 Steinlagen oder Mauerresten bis etwa zur halben ursprünglichen Höhe.
- Öffnung: Kleine Eingänge, meist nach Osten zur aufgehenden Sonne orientiert – ein typisches Merkmal altiplanischer Grabtürme.
Die Türme sind im Laufe der Zeit durch starke Regenfälle, Hagel und insbesondere Blitzeinschläge beschädigt worden. Rund um die Chullpas liegen zahlreiche Steine verstreut – Spuren sowohl natürlicher Erosion als auch möglicher Störungen durch Menschen.
Grabarchitektur im Fels
Am Fuß der Felswände, unterhalb der Chullpas, erstreckt sich ein weiteres Feld von Felsgräbern:
- Lage: An den unteren Partien der Felsabbrüche und unter Felsvorsprüngen (Abrigos rocosos).
- Bauweise: An die Felsen angelehnte Gräber mit Trockenmauern aus Stein, häufig mit einer Schicht aus Ton oder Lehm überzogen.
- Zustand: Viele Gräber sind gestört; an manchen Stellen liegen Knochenreste offen an der Oberfläche.
- Funde: In der Umgebung finden sich Keramikfragmente mit Dekoren in braunen und grauen Farbtönen.
Diese Kombination aus Chullpas auf der Höhe und Felsgräbern am Hang deutet auf eine komplexe Totenlandschaft hin, in der verschiedene Bestattungsformen nebeneinander existierten.
Archäologisches Umfeld: Apu Trincherani und Cerro Pichacani
Die Chullpas de Santa María sind eingebettet in eine weitere Reihe von archäologischen Strukturen, die den Charakter des Ortes entscheidend prägen.
Apu Trincherani: Hügel mit Steinmauern
- Lage: Der Hügel Apu Trincherani erhebt sich direkt neben dem Chullpa-Feld.
- Mauern: Reste einer alten Steinmauer, die sich an den Hang schmiegt und möglicherweise defensive, rituelle oder symbolische Funktionen hatte.
Cerro Pichacani: Terrassen und Höhlen
- Terrassen (Andenerías): Am Cerro Pichacani sind Terrassen sichtbar, die vermutlich für Landwirtschaft genutzt wurden.
- Höhlen: Höhlen und Felsnischen, die als natürliche Schutzräume dienten oder mit rituellen Praktiken verbunden gewesen sein könnten.
Die Kombination aus Siedlungs-, Bestattungs- und Agrarstrukturen weist darauf hin, dass die Umgebung von Santa María einst ein dicht genutzter Kulturlandschaftsraum war, in dem alltägliches Leben, Landwirtschaft und Ritual eng verzahnt waren.
Landschaft und Qhapaq Ñan: Wege der Vergangenheit
Im unteren Bereich der Hänge verlief wahrscheinlich ein Abschnitt des Qhapaq Ñan, des legendären Inka-Straßennetzes. Von diesem Weg sind heute noch Spuren und Trassenreste erkennbar, die von der lokalen Bevölkerung weiter genutzt werden:
- Heutige Nutzung: Viehtrieb und Wegverbindung zwischen Weiden und Siedlungen.
- Historische Bedeutung: Teil eines überregionalen Netzes, das politische, wirtschaftliche und rituelle Zentren miteinander verband.
Für Besucher:innen verbindet die Stätte so die Erfahrung einer archäologischen Nekropole mit der Vorstellung, auf alten Verkehrswegen zu wandern, die einst das Rückgrat eines ganzen Andenreiches bildeten.

Anreise zu den Chullpas de Santa María
Die Chullpas de Santa María sind von Azángaro aus über San Antón und einen kurzen Fußweg von der Interozeanica-Straße zu erreichen. Die Route ist unkompliziert und lässt sich gut in eine Rundreise durch die Region Puno und das Hochland von Azángaro integrieren.
Von Azángaro nach San Antón
- Strecke: Puno / Azángaro / Azángaro – Puno / Azángaro / San Antón
- Abschnitt: Terminal der Minibusse in Azángaro – Paradero von San Antón
- Art des Zugangs: Terrestrisch
- Verkehrsmittel: Combi (Minibus) oder ähnlicher öffentlicher Transport
- Straßenart: Asphaltiert (Interozeanica Sur)
- Distanz & Fahrzeit: ca. 56 km, rund 1 Stunde
Von San Antón zum Abzweig Santa María
- Strecke: Puno -> Azángaro -> San Antón – Abzweig Santa María
- Abschnitt: Paradero von San Antón – Abzweigung Richtung Santa María
- Verkehrsmittel: Privater Pkw oder Taxi
- Straßenart: Asphaltiert
- Distanz & Fahrzeit: ca. 8 km, etwa 15 Minuten
Zu Fuß zu den Chullpas
- Strecke: Abzweig Santa María – Chullpas de Santa María
- Wegtyp: Pfad über Fels- und Wiesenboden
- Distanz & Gehzeit: etwa 400 m, ca. 20 Minuten
Der kurze Aufstieg führt über einen felsigen Pfad hinauf zur Anhöhe mit den Chullpas und bietet bereits unterwegs gute Ausblicke auf die umliegende Landschaft.
Beste Reisezeit und Besuchszeiten
Die Chullpas de Santa María können das ganze Jahr über besucht werden. Wie überall im Altiplano ist das Wetter jedoch wechselhaft; besonders in der Regenzeit (ungefähr November bis März) sind Niederschläge und Gewitter möglich.
Empfohlene Besuchszeiten
- Besuchszeitraum: Ganzjährig
- Übliche Besuchszeiten: etwa 08:00 Uhr – 14:00 Uhr
- Empfehlung: Vorzugsweise am Vormittag, wenn das Licht klar ist und das Gewitterrisiko geringer
Aktivitäten und Erlebnisse vor Ort
Die Chullpas de Santa María sind vor allem für Reisende interessant, die Archäologie, Landschaft und leichte Wanderungen verbinden möchten.
Kultur, Fotografie und Forschung
- Fotografie & Filmaufnahmen: Die Chullpas auf dem Felsrücken, die Hügel Apu Trincherani und Pichacani sowie die Felsgräber bieten eindrucksvolle Motive.
- Kulturelle Aktivitäten: Je nach Initiativen der Gemeinde können Besuche mit kulturellen Projekten oder Bildungsprogrammen verknüpft werden.
- Studien & Forschung: Der Ort ist ein spannendes Feld für Archäolog:innen, Ethnohistoriker:innen und alle, die sich für präinkaische Bestattungsrituale interessieren.
Natur und Trekking
- Landschaftsbeobachtung: Weite Blicke über das Altiplano, Beobachtung der typischen Hochlandvegetation und des Felsreliefs.
- Caminata / Trekking: Kurzer, aber intensiver Aufstieg von der Straße zu den Chullpas; kombinierbar mit weiteren Wegen in der Umgebung.
Praktische Tipps für den Besuch der Chullpas de Santa María
- Höhenlage: Das Gebiet liegt auf typischer Altiplano-Höhe – langsam gehen, ausreichend trinken und auf den Körper achten.
- Ausrüstung: Feste Schuhe, Sonnenschutz (Hut, Sonnenbrille, Sonnencreme), Windjacke und genügend Wasser sind empfehlenswert.
- Respekt vor der Stätte: Chullpas und Felsgräber nicht besteigen, keine Steine versetzen und keine Knochenreste berühren oder mitnehmen.
- Kein Müll: Abfälle wieder mitnehmen, um die empfindliche Landschaft und das archäologische Erbe zu schützen.
- Lokale Informationen: Vor Ort oder in San Antón nach aktuellen Hinweisen zur Zugänglichkeit und eventuellen Schutzbestimmungen fragen.
Wer die Chullpas de Santa María besucht, erlebt eine authentische, wenig bekannte archäologische Stätte, in der sich das Erbe präinkaischer Kulturen, die Spuren des Qhapaq Ñan und die stille Weite des andinen Hochlands eindrucksvoll verbinden.

Karte
Diese Erlebnisse machen deine Reise komplett
Weitere Infos & Tipps
- Templo de San Antón – Spätbarocker Mestizenbau im Altiplano von Puno
- Capilla Pentecostés Esmeralda – einsame Landkapelle im Hochland von Azángaro
- Templo Santiago Apóstol in Santiago de Pupuja – Meisterwerk der Mestizenarchitektur im Altiplano
- Archäologische Stätte Machu Asillo – Calvario de Asillo über dem Altiplano von Puno
