
Kunsthandwerk in Juli – bestickte Tapices und Textilien aus den Anden
Traditionelles Kunsthandwerk in der Kleinstadt Juli
In der Kleinstadt Juli am Titicacasee ist Kunsthandwerk weit mehr als ein Wirtschaftszweig – es ist Teil der Identität. Vor allem die Frauen haben über Generationen hinweg komplexe Techniken verfeinert und stellen mit ihren Händen Bekleidung, Decken, Llicllas und kunstvolle Wandbehänge her. Als Rohstoffe dienen vor allem Alpakafaser und Schafwolle, die in der Höhenlage rund um Juli seit jeher eine zentrale Rolle im Alltag spielen.
Besonders bekannt ist der Distrikt Juli für seine „tapices bordados en bayeta“ – bestickte Woll-Tapiserien, deren Motive das Leben auf dem Land, die Arbeit auf den Feldern, das Vieh und die Feste der Region zeigen. Jedes Stück ist ein Unikat und erzählt ein Stück Alltag im peruanischen Altiplano.
Vom Faden zum Kunstwerk: Herstellungsschritte
Der Entstehungsprozess eines Textil- oder Kunsthandwerksprodukts in Juli ist aufwendig und oft vollständig in Handarbeit ausgeführt.
Spinnen und Färben der Wolle
- Rohmaterial: Faser von Alpaka und Schaf, gewaschen und nach Qualität sortiert.
- Spinnen: Die Frauen spinnen die Fasern traditionell von Hand zu Garn – ein Arbeitsschritt, der viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl erfordert.
- Färben: Viele Farbtöne werden aus natürlichen Pflanzenfarbstoffen gewonnen. Verwendet werden:
- Blüten und Blätter lokaler Pflanzen,
- Wurzeln und Rinden,
- mitunter mineralische Zusätze als Beizen.
So entstehen warme Erdtöne, kräftige Rottöne, Gelb- und Grüntöne, die typisch für die Andenlandschaft sind.
Zeichnen und Besticken der Tapices
Bei den tapices bordados en bayeta folgt nach dem Spinnen und Färben die eigentliche künstlerische Arbeit:
- Zunächst wird das Design direkt auf die Bayeta (ein dichter Wollstoff) aufgezeichnet – häufig Szenen aus dem ländlichen Alltag, Ritualen, Festen oder der Natur.
- Anschließend werden die Motive mit farbigen Garnen aus Alpaka- oder Schafwolle bestickt.
- Es kommen verschiedene Sticktechniken zum Einsatz, darunter:
- Kreuzstich (punto cruz),
- Kettenstich (punto cadena),
- Kombinationen aus Kontur- und Flächenstichen.
Das Ergebnis sind leuchtende, reliefartige Kompositionen, die an eine Mischung aus Gemälde und Teppich erinnern. Viele dieser Tapices eignen sich sowohl als Wandbilder als auch als Dekoration für Innenräume.

Arten des Kunsthandwerks in Juli
Der Distrikt Juli kennt eine breite Palette von Handwerkslinien und -techniken, die oft innerhalb einer Familie oder Gemeinschaft weitergegeben werden.
Textiles Kunsthandwerk
- Bordados en bayeta – aufwändig bestickte Wolltapiserien mit ländlichen Motiven.
- Tejidos a mano – von Hand gewebte und gestrickte Kleidungsstücke wie Schals, Mützen, Ponchos und Llicllas.
- Tejido a punto – Strickarbeiten mit Nadeln, ideal für warme Pullover und Accessoires.
- Tejido en telar – Webarbeiten am traditionellen Webstuhl, etwa für Decken, Teppiche und Schultertücher.
Holz- und Steinarbeiten
- Tallado en madera – Holzschnitzereien, etwa kleine Figuren, Rahmen oder dekorative Elemente mit andinen Motiven.
- Tallado en piedra – Steinschnitzereien, inspiriert von der kolonialen Architektur und den prähispanischen Kulturen der Region.
Viele dieser Arbeiten greifen Symbole aus der andinen Kosmovision, der katholischen Bildwelt und den Alltagsszenen der Aymara- und Quechua-Gemeinschaften auf.
Wo man Kunsthandwerk in Juli kaufen kann
Besucher von Juli haben mehrere Möglichkeiten, das lokale Kunsthandwerk kennenzulernen und direkt bei den Produzentinnen und Produzenten zu erwerben.
Playa San Juan am Titicacasee
An der Playa San Juan, einem beliebten Uferabschnitt des Titicacasees nahe Juli, finden sich kleine Läden und Stände, in denen lokale Handwerkerinnen und Handwerker ihre Produkte anbieten:
- bestickte Tapices,
- Llicllas und andere Tücher,
- wärmende Alpaka- und Schafwollkleidung,
- kleine Souvenirs und Dekorationsobjekte.
Lokales Büro für Tourismusförderung
Auch im lokalen Fomento-turístico-Büro der Stadt werden Kunsthandwerksprodukte aus dem Distrikt angeboten. Hier erhalten Besucher häufig zusätzliche Informationen zu:
- Herkunft der Produkte,
- mitwirkenden Gemeinden,
- Möglichkeiten, Workshops oder Demonstrationen zu besuchen.

Erlebnisse für Besucher: Kunsthandwerk in Aktion
Der Kontakt mit dem Kunsthandwerk in Juli geht über den reinen Einkauf von Souvenirs hinaus. Viele Besucher interessieren sich dafür, die Arbeitsschritte selbst zu sehen oder daran teilzunehmen.
Aktivitäten rund um das Kunsthandwerk
- Kauf von Kunsthandwerk und Souvenirs – direkte Unterstützung der lokalen Familien und Kooperativen.
- Fotografie und Film – Dokumentation der Produkte, Werkstätten und Handgriffe (immer mit Respekt und nach Einverständnis der Beteiligten).
- Studien und Forschung – ethnologische, künstlerische oder wirtschaftliche Untersuchungen zu Techniken, Symbolik und Bedeutung des Kunsthandwerks.
- Teilnahme oder Beobachtung des Herstellungsprozesses – vom Spinnen und Färben bis zum Weben und Besticken, häufig im Rahmen von Führungen oder Vereinbarungen mit Kunsthandwerkerinnen.
Wer sich Zeit für diese Begegnungen nimmt, lernt Juli aus einer sehr persönlichen Perspektive kennen: als Gemeinschaft von Kunsthandwerkerinnen und Kunsthandwerkern, die mit Geduld, Geschick und Kreativität Geschichten in Wolle, Holz und Stein schreiben.

