Los Huachanacos: Der Karneval von San José in Mariscal Cáceres
Los Huachanacos auf einen Blick
- Wo: San José, Hauptstadt des Distrikts Mariscal Cáceres, Provinz Camaná, Arequipa (Peru); mit Beteiligung des nahegelegenen Anexos Chule (~1,5 km entfernt).
- Wann: Jedes Jahr am Aschermittwoch; Tradition seit etwa 1910, stetig wachsend an Besucher:innen und Mitwirkenden.
- Kern des Brauchs: Spöttische coplas, Prozessionen mit lebensgroßen Strohpuppen auf Eseln, die Viudas (als Frauen verkleidete Männer) und das finale Testament des Ño Carnavalón.
- Kulturelle Wurzeln: Christlich-westliche Einflüsse im Dialog mit andinen Formen; mögliche Etymologiebezüge zu huachachic (Geburtsritual) bzw. huachachiy (Lob/Verse) und dem inkaischen haylli (Siegeshymne).
- Erlebnis: Ein „verkehrte Welt“-Fest – Satire, Musik, Tanz und derbe Komik als Ventil sozialer Kritik.
Ursprung & Bedeutung
Los Huachanacos sind das Karnevalsherz von San José: eine Mischform, in der katholische Kalenderlogik und andine Ritualsprache ineinandergreifen. Die Tradition bewahrt den ländlichen Humor des Südperus – Direktheit, Übertreibung und eine Lust am Spott, die Autoritäten wie Nachbar:innen gleichermaßen trifft. Der Name wird teils mit vorspanischen Geburtsfeiern (huachachic) in Verbindung gebracht, teils mit dem Dichten von Lob- und Spottversen (huachachiy), was an das inkaische haylli erinnert.
Ablauf des Festes
Die zwei Lager: San José vs. Chule
Zwei Seiten treten gegeneinander an – das Dorf San José und das benachbarte Chule. Beide führen je eine mannshohe, oft grotesk gekleidete Puppe auf einem Esel durch die Straßen. Begleitet wird die Prozession von Gesang und Pfiffen, Trommeln und Gelächter.
Die Viudas & der Guardia
Als Viudas erscheinen Männer in schwarzer Trauerkleidung – überzeichnet, laut, bewusst über die Grenzen des Anstands hinweg. Ein Guardia mit Peitsche versucht Ordnung zu halten und verscheucht johlende Jugendliche – ein gespieltes Machtspiel, das die Regeln des Alltags auf den Kopf stellt.
Die Coplas & der Wortkampf
Auf dem Platz treffen die Lager zu einem Improvisationsduell aufeinander. In coplas – oft Quartette oder Zehnzeiler – wird gestichelt, parodiert, angeklagt. Nichts ist heilig: Skandale, Liebesgeschichten, Lokalpolitik. Der Witz ist scharf, doch das Lachen schafft Nähe.
Das Testament des Ño Carnavalón
Zum Schluss verlesen beide Seiten das Testament des Ño Carnavalón. Es verteilt imaginäre Vermächtnisse, spottt über alcades und Honoratioren, greift Schwächen und Eitelkeiten auf – Katharsis und Kommentar in einem. Danach Tanz bis spät in die Nacht.
Klanglandschaft Südperu: Dichtung, die zirkuliert
Die Region kennt eine reiche, oft unterschätzte Volksdichtung. In Ocoña heißen die Gesänge guífalos; Caravelí ehrt den legendären Volkspoeten Juan Diablo. Neben den coplas kursieren „literarische“ Formen wie Testamente, Deklarationen, Verordnungen – satirische Miniaturen, die zwischen Camaná und Ocoña reis(t)en, etwa das berühmte Testamento de Judas. Los Huachanacos stehen in dieser Tradition: Soziale Kritik als Fest.
Kulturhistorischer Kontext
Seit etwa 1910 hat sich der Brauch als netto carnavaleske Praxis etabliert. Debatten schwanken zwischen folkloristischer Reduktion auf Vierzeiler und dem Verständnis als komplexes, organisches Fest – mit Choreografie, Rollen, Dramaturgie und einer klaren Bühne: dem öffentlichen Raum von San José.
Besuch planen: praktische Hinweise
- Timing: Aschermittwoch (beweglich) – Ankunft am frühen Vormittag, Rückkehr spätabends einplanen.
- Ort: Zentrum von San José (Mariscal Cáceres), mit Prozessionsrouten in Richtung Chule.
- Respekt & Etikette: Humor ist derb, aber ritualisiert – nicht provozieren, Abstand zu Darsteller:innen und Tieren halten, keine Figuren berühren.
- Foto & Film: 35–85 mm für Straßenszenen; 24 mm für Totale; Tonaufnahme lohnt sich wegen der coplas.
- Mitnehmen: Hut, Wasser, Sonnenschutz, bequeme Schuhe; kleine Barspenden für Musik und Nachbarschaften sind willkommen.
Kulinarik & Rahmenprogramm
- Streetfood & Hausküche: Saisonale Snacks und typische Gerichte der Küste/Desert-Region.
- Community-Erlebnis: Zwischenhöfe, kleine Bühnen, spontane peñas – zuhören, mitsingen, mitlachen.
- Handwerk & Andenken: Gedruckte coplas, Masken, Miniatur-Puppen als Erinnerung.
Aktivitäten für Besucher:innen
- Kultur: Teilnahme an Karnevalsritualen, Zuhören bei Versduellen, Kennenlernen lokaler Satire.
- Fotografie & Film: Dokumentation von Prozessionen, Figuren, Kostümen und Tanz.
- Gastronomie: Verkostung und Zubereitung typischer Speisen der Region.
Karte
Diese Erlebnisse machen deine Reise komplett
Weitere Infos & Tipps
- Pueblo Tradicional San José: Tradición viva entre casonas, festividades y río
- Playa San Isidro «La Bomba»: Weite Sandbucht, warmes Wasser & Meeresbrise nördlich von Camaná
- Fiesta Patronal de San Pedro: Wenn der Río Camaná zum Altar wird
- Valle del Río Camaná: Fruchtbarkeit zwischen Wüste, Fluss und Pazifik