
Puno – Stadt am Titicacasee und Wiege uralter Andenkulturen
Puno – mystische Stadt am höchsten schiffbaren See der Welt
Puno gilt als „Folklorehauptstadt Perus“ und als spirituelle Heimat des legendären Titicacasees. Der Sage nach entstiegen hier Manco Cápac und Mama Ocllo, Kinder der Sonne, den blauen Wassern, um das Inkareich zu gründen. Noch heute ist die Stadt erfüllt von Ritualen, Tänzen und Mythen, die sich mit der rauen Schönheit des Altiplano verbinden.
Zwischen den schneebedeckten Gipfeln der Kordilleren, den weiten Ebenen des Hochlands und dem tiefblauen Titicacasee entfaltet sich ein Reiseziel voller Kontraste. Die klare Höhenluft stärkt, die intensive Sonne wärmt tagsüber, während kühle Nächte daran erinnern, dass Puno auf über 3.800 Metern liegt. Wer hier unterwegs ist, erlebt Geschichte, Kultur und Natur in ihrer reinsten Form.
Geschichte von Puno und dem Altiplano
Vorkoloniale Kulturen: Kollas und Lupacas
Lange bevor die Spanier in den Süden des heutigen Perus gelangten, war das Gebiet um Puno von hochentwickelten Kulturen bewohnt. Im Norden dominierten die Kollas, deren Territorium sich bis an den Río Ramis erstreckte; im Süden herrschten die Lupacas, die vor allem in Landwirtschaft, Viehzucht und Organisation ihrer Gemeinschaft beeindruckten. Ihre Traditionen und die Sprache Aymara prägen die Region bis heute.
Kolonialzeit und Gründung von Puno
Zur Zeit der Eroberung war Puno noch eine kleine, am Ufer der Bucht gelegene Siedlung. Im 17. Jahrhundert gewann die Region durch reiche Silberminen an Bedeutung. Nach blutigen Auseinandersetzungen um die Minen von Laykacota verlegte der Vizekönig Pedro Fernández de Castro, Conde de Lemos, 1663 den Hafen San Luis de Alba an die heutige Stelle und gründete die „Villa de la Inmaculada Concepción y San Carlos de Puno“. Am 4. November 1668 erhob er sie zur Hauptstadt der Provinz Paucarcolla – ein Datum, das bis heute als Gründungstag gefeiert wird.
Aufbruch in die Republik
Im 18. Jahrhundert erschütterten indigene Aufstände wie der von Túpac Katari die Region. Während der Unabhängigkeitskriege wurde Puno zu einem wichtigen Bindeglied zwischen Peru und dem damaligen Vizekönigreich Río de la Plata (heute u. a. Argentinien). Nach der Unabhängigkeit war Puno Schauplatz von Grenzkonflikten zwischen Peru und Bolivien, bis 1847 eine Konvention die Grenzen neu ordnete. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Provinz Puno offiziell geschaffen, später Hauptstadt der Region Puno.
Mit der Republik kamen Dampfschiffe auf den Titicacasee und eine Eisenbahnverbindung nach Cusco und Arequipa. Viele dieser historischen Elemente – alte Lokomotiven, Hafenanlagen und Schiffe – sind bis heute sichtbare Zeugen einer bewegten Geschichte.

Sehenswürdigkeiten in und um Puno
Plaza de Mayor de Puno
Das Herz der Stadt schlägt an der Plaza Mayor. Rund um den gepflegten Platz reihen sich koloniale Fassaden, kleine Cafés und Banken. Dominant erhebt sich die steinerne Kathedrale im barocken Mestizo-Stil, deren Fassade im warmen Abendlicht besonders eindrucksvoll wirkt. Von hier spaziert man durch die Calle Lima mit ihren Geschäften, zur historischen Casa del Corregidor oder zum Balcón del Conde de Lemos.
Jirón de Lima
Der Jirón de Lima verbindet die Plaza de Armas mit weiteren Stadtvierteln und ist die belebteste Fußgängerzone Punos. Restaurants, Bars und Souvenirgeschäfte reihen sich aneinander, Straßenmusiker sorgen für Andenrhythmen und am Abend pulsiert hier das Nachtleben der Stadt. Ein perfekter Ort, um das urbane Flair Punos auf sich wirken zu lassen.

Lago Titicaca – das schimmernde Herz der Region
Der Titicacasee ist das große Highlight jeder Reise nach Puno. Als höchstgelegener schiffbarer See der Welt (rund 3.812 m ü. M.) und als Naturdenkmal Perus beeindruckt er mit tiefblauem Wasser, schneebedeckten Bergen am Horizont und einem Licht, das alles in klare Konturen taucht. Vom Hafen Puno legen täglich Boote zu den Inseln des Sees ab.
Islas de los Uros, Taquile, Amantaní und Llachón
Vor Puno schweben die Uros-Inseln wie gelbe Teppiche aus Schilf auf dem Wasser. Sie werden aus der Pflanze Totora gebaut und regelmäßig erneuert. Die Bewohner leben eng mit dem See und der Natur verbunden; ein Besuch vermittelt spannende Einblicke in ihre traditionelle Lebensweise.
Weiter draußen im Titicacasee liegen Taquile und Amantaní. Taquile ist berühmt für seine meisterhaften Strickereien, die von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt wurden. Amantaní wiederum lädt zu Übernachtungen in einfachen Familienpensionen ein – ideal, um das Alltagsleben der Inselbewohner kennenzulernen und abends vom Hügel der Pacha Tata den Sonnenuntergang zu bewundern. Auf der Halbinsel Llachón genießen Reisende ähnliche Einblicke, oft abseits der großen Besucherströme.
El Templo de la Fertilidad – Inca Uyu
Etwa 18 Kilometer südlich von Puno, nahe der Ortschaft Chucuito, befindet sich der Inca Uyu, der berühmte Tempel der Fruchtbarkeit. Das kleine archäologische Areal ist von über 80 phallischen Steinsäulen umgeben, deren genaue Funktion bis heute diskutiert wird. Ob Kultstätte für Fruchtbarkeitsrituale oder landwirtschaftliche Kalender – der Ort ist von Mythen und Geschichten durchdrungen.
Chullpas de Sillustani
Rund 40 Kilometer von Puno entfernt ragen die Chullpas de Sillustani wie steinerne Türme über den Umayosee. In diesen zylindrischen Grabtürmen bestatteten die Kulturen der Colla, Tiahuanaco und später der Inka ihre hochrangigen Persönlichkeiten. Der Blick von der Halbinsel über den See, die Türme und die weite Altiplano-Landschaft zählt zu den eindrucksvollsten Panoramen der Region.
Museum Carlos Dreyer
Im historischen Zentrum bewahrt das Museum Carlos Dreyer die kulturelle Schatzkammer Punos. Etwa 1.800 Exponate – von präkolumbischen Keramiken über Kolonialmalerei bis zu Gold- und Silberobjekten – erzählen die Geschichte des Altiplano. Besonders spannend sind die rekonstruierten Gräber mit originalen Grabbeigaben aus Sillustani und anderen Fundorten.
Museo de la Coca & Costumbres
Das Museo de la Coca & Costumbres widmet sich der Bedeutung der Cocapflanze und den Traditionen der Region. Besucher erfahren, wie die Pflanze seit Jahrtausenden in Ritualen und im Alltag genutzt wird. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den farbenprächtigen Trachten, Masken und Accessoires der zahlreichen Tanz- und Festtraditionen, für die Puno berühmt ist.
Das historische Schiff Yavarí
Am Hafen von Puno liegt das Museumsschiff Yavarí, ein historisches eiserner Dampfer, der im 19. Jahrhundert in England gebaut, in Einzelteilen nach Arica verschifft und von dort mit Maultieren über die Anden zum Titicacasee transportiert wurde. Heute fungiert das Schiff als Museums- und teilweise als Gästehaus – ein authentisches Stück Technikgeschichte inmitten der Andenlandschaft.
Aussichtspunkt Kuntur Wasi
Über den Dächern Punos wacht der Mirador Kuntur Wasi, der „Haus des Kondors“-Aussichtspunkt. Nach einem Aufstieg über Treppen oder einer kurzen Fahrt genießt man von hier oben einen unvergesslichen Rundblick über die Stadt, den Hafen und den Titicacasee. Besonders zum Sonnenuntergang ist der Aussichtspunkt ein magischer Ort.
Gastronomie in Puno
Punos Küche ist nahrhaft, herzhaft und eng mit der Höhenlage verbunden. Viele Gerichte basieren auf Kartoffeln, Quinoa, Lamafleisch und frischem Fisch aus dem Titicacasee. In den Hafenrestaurants lockt vor allem die lokale Forelle.
- Trucha frita – knusprig gebratene Forelle, serviert mit Reis und Kartoffeln.
- Caldo de cabeza – kräftige Suppe aus Schafskopf, ideal gegen die Kälte des Altiplano.
- Sancochado – Eintopf mit Gemüse und verschiedenen Fleischsorten.
- Chairo – traditionelle Andensuppe mit Trockenkartoffeln, Lamm und Gemüse.
- Chupe de quinua – nahrhafte Quinoasuppe, wärmt von innen.
- Kankacho – langsam im Ofen gegartes Lamm, mariniert mit Gewürzen und Chili, eine Spezialität der Region.
Wer sich auf eine Reise durch die Küche Punos einlässt, entdeckt die enge Verbindung zwischen Landschaft, Klima und kulinarischer Tradition.
Anreise nach Puno
Mit dem Flugzeug
Die komfortabelste Anreise führt über den Flughafen von Juliaca, etwa eine Stunde von Puno entfernt. Von Lima dauert der Flug rund 1 Stunde 35–40 Minuten, von Arequipa etwa 40 Minuten. Anschließend geht es per Bus, Minivan oder privatem Transfer über das Altiplano hinunter zum Titicacasee.
Überland per Bus oder Auto
Für Reisende mit Sinn für weite Landschaften bieten sich spektakuläre Routen über die Anden an:
- Lima – Arequipa – Juliaca – Puno: ca. 1.315 km, etwa 20–21 Stunden Fahrzeit.
- Cusco – Puno: ca. 389 km, rund 7 Stunden, eine klassische Andenroute mit Hochlandpässen und weiten Ebenen.
- Arequipa – Puno: ca. 285 km, etwa 5 Stunden, vorbei an Vulkanen und Lagunen.
- Tacna – Puno: ca. 376 km, ungefähr 6 Stunden.
- Juliaca – Puno: nur 42,8 km, etwa 40 Minuten.
Mit dem Zug über das Andenhochland
Eine der eindrucksvollsten Bahnstrecken Südamerikas verbindet Cusco und Puno. An Bord des luxuriösen Andean Explorer oder des PeruRail Titicaca geht es in etwa 10,5 Stunden über 384 km durch das Hochland. Die Bahn passiert weite Ebenen, kleine Dörfer, Lama- und Alpakaherden – eine Zeitreise durch die Landschaft der Anden.
Geografie, Natur und Klima rund um Puno
Puno liegt im Südosten Perus auf der Meseta del Collao, umgeben von der nördlich gelegenen Cordillera Carabaya und der westlichen Andenkordillere. Etwa 70 % der Fläche bestehen aus Andenlandschaften mit Altiplano, Hängen und Übergangszonen. Wasser ist allgegenwärtig: Neben dem Lago Titicaca gibt es rund 50 kleinere Lagunen und über 300 Flüsse sowie ein erhebliches Potential an Grundwasser.
Höhenstufen und Landschaftszonen
- Área Circunlacustre (3.810–3.900 m): Uferzone des Titicacasees, deren Klima durch das Wasser etwas gemildert ist. Hier konzentrieren sich Landwirtschaft, Viehzucht und die meisten Siedlungen.
- Altiplano (3.900–4.200 m): leicht gewellte Hochebene mit natürlichen Weideflächen für Rinder und Schafe. Weite Horizonte, spektakuläre Sonnenuntergänge und klare Sternennächte prägen die Region.
- Cordillerazone (über 4.200 m): alpine Höhen mit kargen Böden und schroffen Felsformationen. Hier leben Vicuñas, Tarucas (Andenhirsche) und der scheue Nandu-Verwandte Suri in freier Wildbahn – ideale Gegend für die Zucht von Lamas und Alpakas.
Ceja de Selva – Übergang in den Regenwald
Von den Gipfeln der Cordillera Carabaya fällt das Gelände in Richtung Osten in die sogenannte Ceja de Selva ab, den Übergangsbereich zum tropischen Regenwald. Hier liegen Schutzgebiete wie die Region Tambopata–Candamo mit dichten Wäldern, Sümpfen und Savannen. Die Biodiversität ist enorm: unzählige Vogelarten, Schmetterlinge und andere Tiere finden hier einen Rückzugsort. Das Gebiet ist dünn besiedelt und bislang nur wenig in die regionale Wirtschaft eingebunden – ein spannender Kontrast zum windigen Altiplano.
Praktische Reisetipps und Sicherheit in Puno
Die Höhenlage von Puno und das wechselhafte Klima stellen besondere Anforderungen an Reisende. Mit der richtigen Vorbereitung lässt sich der Aufenthalt jedoch entspannt genießen.
- Höhenlage ernst nehmen: Planen Sie die ersten Tage ruhig, trinken Sie viel Wasser und vermeiden Sie schwere Mahlzeiten und Alkohol direkt nach der Ankunft.
- Kleidung im Zwiebelprinzip: Tagsüber kann die Sonne stark wärmen, nachts sinken die Temperaturen deutlich. Kombination aus Thermounterwäsche, Fleece und winddichter Jacke ist ideal.
- Sonnenschutz: Hohe UV-Strahlung – Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor, Sonnenbrille und Hut sind unverzichtbar.
- Wertsachen: Tragen Sie nur das Nötigste bei sich, lassen Sie Reisepass und Kreditkarten möglichst im Hotelsafe und führen Sie Kopien mit.
- Geldautomaten: Nutzen Sie möglichst Bankautomaten am Tag und in belebten Gegenden.
- Respekt gegenüber lokalen Gemeinschaften: Fragen Sie vor dem Fotografieren von Menschen um Erlaubnis, respektieren Sie Rituale und tragen Sie durch den Kauf lokaler Produkte zu einer nachhaltigen Entwicklung bei.
Wer diese Hinweise beachtet, wird Puno als faszinierende Mischung aus lebendiger Tradition, spektakulärer Natur und herzlicher Gastfreundschaft erleben – ein Höhepunkt jeder Peru-Reise.
