
Qawrani Tiyi von Ayrumas Carumas: Heiliger Felsen im Hochland von Acora
Lage und Bedeutung von Qawrani Tiyi
Qawrani Tiyi befindet sich im Centro Poblado de Ayrumas Carumas, südwestlich des Distrikts Acora in der Region Puno. Die Landschaft gehört zur andinen Kordillere: eine raue Hochlandzone mit Felswänden, Bergweiden und weitem Himmel, in der sich alte Wege, Weidegebiete und heilige Orte der Aymara- und Quechua-Völker kreuzen.
Inmitten der gleichnamigen Felsformation verbirgt sich eine natürliche Felskammer von etwa 12 Metern Länge, 6 Metern Breite und 6 Metern Höhe. Früher diente diese Höhle als Rast- und Schutzplatz für Reisende und ihre auquénidos – Lastllamas und andere Kameliden –, die die alten Transportrouten des Hochlands nutzten. Heute gilt Qawrani Tiyi als heiliger Ort, um den sich Legenden von mystischen, erscheinenden Auquénidos ranken.
Die Höhle Qawrani Tiyi und der Aufstieg zur Kuppe
Qawrani Tiyi liegt eingebettet zwischen hohen Felswänden, die wie natürliche Bastionen aus dem Berg ragen. Die Höhle selbst öffnet sich wie ein Tor in diese Felsen und bietet eine geschützte, fast sakrale Atmosphäre aus Fels, Schatten und Licht.
Der Zugang über Quñuna
Wer zur Kuppe von Qawrani Tiyi aufsteigen möchte, muss durch einen einzigen, schmalen Zugang namens Quñuna gehen – eine enge Felsrinne, die an einen Höhleneingang erinnert. Nach lokaler Überlieferung zeigt die Leichtigkeit oder Schwierigkeit, mit der man diese Passage durchquert, eine symbolische „Lesung“ der persönlichen Zukunft:
- fällt der Durchgang leicht, gilt das als gutes Omen,
- erweist er sich als beschwerlich, deutet dies auf bevorstehende Herausforderungen hin.
Nach dem Durchqueren von Quñuna erreicht man die obere Zone, die die Menschen Alto Pata nennen – ein Hochplateau mit weiter Aussicht und ritualer Bedeutung.

Alto Pata: Rituale und Andenkosmos
Auf der Kuppe von Alto Pata, über Qawrani Tiyi, lebt die spirituelle Dimension des Ortes besonders stark fort. Hier werden am 21. Juni – zur Wintersonnenwende – traditionelle Pagos a la Pachamama abgehalten, also Opfergaben an die Mutter Erde.
Dieses Datum markiert im Andenkalender das Año Nuevo Andino, das Andine Neujahr. Die Gemeinde versammelt sich, um:
- Danksagungen für Ernte, Tiere und Leben darzubringen,
- um Schutz und gute Zukunft für die Familien zu bitten,
- und den Kreislauf der Natur – Ende und Neubeginn – zu feiern.
Rauch von Räucherwerk, bunte Opfergaben, traditionelle Getränke und Gebete verbinden sich mit der klaren Hochlandluft – ein intensives Erlebnis für alle, die Einblicke in den andinen Kosmos suchen.
Panoramen und Hochlandlandschaft
Von den Höhen rund um Qawrani Tiyi öffnet sich ein weitgespanntes Panorama über die Hochlandebenen und Bergzüge. Besonders eindrucksvoll ist der Blick auf die Pampas de Huayallani, eine weite Ebene, die sich unterhalb der Felsformation ausbreitet.
Das Landschaftsbild wird geprägt von:
- massiven Felswänden und Türmen (farallones),
- hohen, trockenen Grasflächen,
- Weidegebieten für Alpakas, Lamas und andere Auquénidos,
- dem Spiel von Licht und Schatten auf den Berghängen.
Diese „Turmberge“ der Cordillera wirken wie natürliche Festungen und bieten eindrucksvolle Fotomotive – besonders bei tiefem Morgen- oder Abendlicht.

Flora und Fauna rund um Qawrani Tiyi
Pflanzenwelt der Hochanden
Die Landschaft rund um Ayrumas Carumas ist geprägt von klassischer Puna-Vegetation. Besonders reich ist die Region an:
- Ichu – das charakteristische Hochlandgras, das Weiden und Hänge bedeckt,
- wilden Sträuchern wie Thola,
- Kausillo,
- Orcco Orcco,
- Tanca Tanca und weiteren robusten Wildpflanzen,
die dem rauen Klima trotz niedriger Temperaturen, Trockenheit und Wind trotzen. Diese Flora ist nicht nur ökologisch bedeutend, sondern wird von der Bevölkerung auch als Brennmaterial, in der Tierhaltung oder in der traditionellen Medizin genutzt.
Tierwelt: Huallatas, Füchse und Auquénidos
Das Centro Poblado Ayrumas Carumas ist von großen Felswänden umgeben, in denen sich zahlreiche Vögel tummeln. Besonders auffällig sind die Huallatas – weiße Vögel, die oft als „Anden-Schwäne“ bezeichnet werden und sich hier fortpflanzen.
Daneben lassen sich beobachten:
- verschiedene Andenvögel wie Pájaro carpintero, Adler, Cernícalo, Pichitanka,
- Wildtiere wie Andenfüchse und Hirsche,
- Haustiere und Nutztiere – insbesondere zahlreiche Auquénidos (Alpakas, Lamas) in verschiedenen Farbvarianten.
Die Region ist damit ein idealer Ort für Natur- und Tierbeobachtung, insbesondere in der Brutzeit der Huallatas, wenn die Felswände voller Leben sind.

Ayrumas Carumas: Gemeinschaft, Viehzucht und Handwerk
Die Bevölkerung von Ayrumas Carumas lebt eng mit der Hochlandumgebung verbunden. Ihre wichtigsten Aktivitäten sind:
- Viehzucht mit Schwerpunkt auf Auquénidos (Alpakas, Lamas) in großer Zahl,
- Pferdehaltung und Ausritte auf kreolischen Pferden,
- Landwirtschaft im Rahmen der Höhenlage,
- Handwerk und Textilproduktion aus der hochwertigen Wolle der Tiere.
Besonders hervorzuheben ist eine organisierte Handwerksgruppe der Gemeinde, die mit Unterstützung von Agroideas ausgezeichnet wurde. Dank eines modern ausgestatteten Handwerksateliers können heute Textilien und Kleidungsstücke von hoher Qualität hergestellt werden – ein wichtiges Standbein für den gemeinschaftsbasierten Tourismus.
Erlebnisse für Besucher: Natur, Spiritualität und Alltag
Qawrani Tiyi und Ayrumas Carumas eignen sich hervorragend für Reisende, die Natur, Stille und authentische Begegnungen mit der lokalen Bevölkerung suchen.
Natur- und Outdoor-Aktivitäten
- Caminata/Trekking: Wanderungen zu Qawrani Tiyi, entlang der Felswände und über die Hochlandebenen – ideal, um sich vom Alltag zu lösen.
- Exkursionen: Tagesausflüge zu Aussichtspunkten, zu den farallones und den Pampas von Huayallani.
- Beobachtung von Flora und Fauna: reichhaltige Hochlandvegetation, Andenfüchse, Hirsche, Huallatas und andere Vögel.
- Landschaftsobservation: Vom höchsten Punkt aus bieten sich weite Blicke auf turmartige Berge und die Bergkette der Cordillera.
Kultur, Alltag und Rituale
- Rituale und Pachamama-Zeremonien: Teilnahme oder Beobachtung von mystischen und traditionellen Ritualen, insbesondere rund um den 21. Juni (vorherige Absprache erforderlich).
- Alltag der Gemeinschaft: Besuch und Mitarbeit bei alltäglichen Tätigkeiten – Viehpflege, Weidegänge, Pferdeausritte, Umgang mit Lastllamas.
- Textilhandwerk: Beobachtung oder Teilnahme an der Herstellung lokaler Produkte; häufig lässt sich das Scheren von Alpakas und das Spinnen sowie Weben der Wolle miterleben.
- Fotografie & Film: Landschaft, Tiere, Felsformationen und rituelle Momente bieten eine Fülle an Motiven.
Viele dieser Aktivitäten sind nur nach vorheriger Absprache mit den lokalen Autoritäten möglich, um den Alltag der Gemeinschaft zu respektieren und Besuche nachhaltig zu gestalten.
Anreise nach Qawrani Tiyi von Puno aus
Die Anreise führt von Puno über den Distrikt Acora bis in das Centro Poblado Ayrumas Carumas und schließlich zu Qawrani Tiyi. Die Route kombiniert asphaltierte Straßen, befestigte Wege und einen kurzen Fußweg.
Etappen der Anreise
- Puno – Ácora
Terminal Banchero Rosi (Puno) – Paradero de Ácora
Art des Zugangs: terrestrisch
Verkehrsmittel: Combi (Kleinbus)
Straßenart: asphaltiert
Distanz/Zeit: ca. 34 km / etwa 38 Minuten - Ácora – C.P. Ayrumas Carumas
Paradero Ácora – Centro Poblado Ayrumas Carumas
Art des Zugangs: terrestrisch
Verkehrsmittel: Combi
Straßenart: befestigte/affirmierte Straße
Distanz/Zeit: ca. 54 km / etwa 1 Stunde - Ayrumas Carumas – Iglesia San Santiago
Centro Poblado – Kirche San Santiago
Art des Zugangs: terrestrisch
Verkehrsmittel: Taxi oder lokaler Transport
Straßenart: einfache Fahrspur (Trocha carrozable)
Distanz/Zeit: ca. 800 m / etwa 5 Minuten - Iglesia San Santiago – Qawrani Tiyi
Kirche – Höhle Qawrani Tiyi
Art des Zugangs: terrestrisch
Verkehrsmittel: zu Fuß
Weg: Pfad/Sendero
Distanz/Zeit: ca. 360 m / etwa 10 Minuten
Die letzten Meter zu Qawrani Tiyi führen über einen schmalen Weg durch Fels- und Graslandschaft – ein Übergang, der die Besonderheit des Ortes bereits ankündigt.
Beste Reisezeit und praktische Hinweise
Qawrani Tiyi kann grundsätzlich das ganze Jahr über besucht werden. In der Hochgebirgsregion können Wetter und Temperaturen jedoch schnell wechseln. Ein Besuch sollte idealerweise im Rahmen einer vorherigen Absprache mit den lokalen Autoritäten geplant werden.
- Besuchszeitraum: ganzjährig.
- Empfohlene Tageszeit: 07:00 Uhr bis 16:00 Uhr.
- Abstimmung: Besuch nach vorheriger Koordination mit den Autoritäten und/oder Gemeinden.
Empfohlene Ausrüstung:
- wärmende Kleidung im Zwiebelsystem (Morgen und Abend sind sehr kühl),
- stabile Wander- oder Trekkingschuhe,
- Sonnenschutz (Hut, Sonnenbrille, Sonnenschutzmittel),
- ausreichend Wasser und Snacks,
- Kamera oder Fernglas für Landschafts- und Tierbeobachtung.
Wer respektvoll und mit offenen Sinnen reist, findet in Qawrani Tiyi einen Ort der Stille, des Weitblicks und der gelebten andinen Spiritualität – ein Felsenheiligtum, in dem sich Natur, Geschichte und Gemeinschaft auf besondere Weise begegnen.

