
Templo San Francisco de Asís in Ollachea – Steinernes Glaubenszeugnis am Eingang zur Selva
Überblick: Lage, Geschichte und Bedeutung
Der Templo San Francisco de Asís befindet sich im Andenort Ollachea in der Provinz Carabaya (Region Puno) – genau dort, wo sich das Hochland zur feuchteren selva puneña öffnet. Die Kirche wurde zwischen 1840 und 1850 errichtet, um die Bevölkerung zu katechisieren, die auf ihren Wegen in die Selva hinein- oder aus ihr herauszog. Damit ist sie ein wichtiges bauliches Zeugnis des katholischen Evangelisierungsprozesses entlang der alten Handels- und Migrationsrouten.
Die Kirche ist vollständig aus Stein und Mörtel gebaut, besitzt einen schlichten, aber kraftvollen Grundriss und einen bemerkenswert gut erhaltenen Innenraum. Bis heute gilt sie als einer der besten erhaltenen Dorftempel der Region, errichtet mit Material aus der Umgebung und geprägt von lokalen Handwerkern und Künstlern.
Entstehungsgeschichte des Templo San Francisco de Asís
Über die frühe Baugeschichte des Templos San Francisco de Asís existieren nur mündliche Überlieferungen und wenige schriftliche Hinweise. Bekannt ist:
- Bauzeit: Vermutlich zwischen 1840 und 1850.
- Zweck: Errichtet zur Katechese der Bevölkerung, die sich nach und nach in Richtung Selva ausbreitete.
- Material: Vollständig aus lokalem Stein mit Mörtel, als Ausdruck der regionalen Baukultur.
- Dach: Ursprünglich Strohdach; später ersetzte Pfarrer Juan Emizan dieses durch ein Calamina-Dach (Wellblech).
Die Kirche war ein spiritueller Ankerpunkt für Reisende, Händler und Siedler, die sich zwischen Hochland und Regenwald bewegten – ein Ort des Übergangs, nicht nur geographisch, sondern auch geistig.
Architektur und Aufbau der Kirche
Der Templo San Francisco de Asís ist ein typisches Beispiel einer ruralen Steinkirche des 19. Jahrhunderts, funktional und robust, aber mit sorgsam ausgearbeitetem Innenraum.
Grundriss, Mauern und Turm
- Abmessungen: Etwa 33 m Länge und 7,5 m Breite.
- Mauerstärke: Solide Wände von rund 1,20 m Dicke, was dem Bau eine große Stabilität verleiht.
- Bauweise: Steinmauerwerk mit Mörtel, außen schlicht, innen fein verputzt.
- Turm: Eine einzige Frontturm-Fassade mit integriertem Glockenturm, in drei Körper gegliedert und etwa 9,12 m hoch – ebenfalls aus Stein.
- Dach: Heutiges Dach aus Calamina (Wellblech), getragen von hölzernen Dachstühlen (Tijerales).
Der Bau wirkt von außen kompakt und wehrhaft, typisch für Gebirgskirchen, die Wind, Regen und Temperaturschwankungen trotzen müssen.
Innenraum, Altar und Malereien
Im Inneren offenbart der Templo San Francisco de Asís eine überraschend feine und sorgfältig ausgeführte Gestaltung:
- Altarraum: Der Altar liegt deutlich höher als das Kirchenschiff, was ihn liturgisch und optisch hervorhebt. Er ist mit der Rückwand über Riemen aus Rinderleder verankert – ein interessantes Detail traditioneller Baupraxis.
- Sakristie: Befindet sich auf der linken Seite des Altars, mit Steinboden und schlichten Holzornamenten.
- Taufkapelle: Die pila bautismal (Taufbecken) steht in der linken Ecke gegenüber dem Altar, als Hinweis auf die Bedeutung der Taufe für neu bekehrte Gläubige.
- Chor: Ein frontaler Chorbereich mit Holzbrüstung, von dem aus der Gesang den Raum füllt.
- Decke und Innenwände: Verputzt mit Gips; darauf hat der Künstler Luis Lizares zahlreiche religiöse Szenen gemalt, die das Innere mit Farbe und Symbolik erfüllen.
Die Verbindung aus massivem Steinbau und fein gestalteten Wandmalereien vermittelt das Gefühl, in einem schlichten, aber spirituell aufgeladenen Raum zu stehen – typisch für viele ländliche Kirchen der Selva-Übergangszone.
Glaube, Legenden und Identität
Der Tempel ist dem heiligen Franz von Assisi geweiht und tief in der lokalen Glaubenswelt verankert. Besonders eindrucksvoll ist eine überlieferte Legende zur Orientierung der Kirche:
- Ursprünglich war die Haupttür nach Westen ausgerichtet.
- Laut Überlieferung wurde die Statue des San Francisco mehrmals auf dem Hügel gegenüber der Kirche gefunden – insgesamt drei Mal.
- Erst nachdem die Position der Haupttür zur heutigen Ausrichtung geändert worden war, blieb die Figur endgültig im Tempel.
Diese Erzählung stärkt die Vorstellung, dass der Heilige selbst „bestimmt“ habe, wie seine Kirche im Tal von Ollachea ausgerichtet sein soll – ein schönes Beispiel für die Verbindung von Architektur, Landschaft und Volksglauben.
Auch die Glocken tragen Spuren der Geschichte: Sie sind mit Namen versehen, die vermutlich auf Benefaktoren und Stifterfamilien hinweisen – etwa Andrés Hurtado (1846) oder Miguel Alférez und Kinder (1934).
Der Tempel als Fenster zur Evangelisierungsgeschichte
Der Templo San Francisco de Asís war und ist ein wichtiger Bezugspunkt für jene, die zwischen dem Altiplano und der Selva unterwegs sind. Er erzählt von:
- Mission und Evangelisierung: Der Ausbreitung des Katholizismus in Gebieten, in denen Menschen aus diversen Gründen in die Selva aufbrachen.
- Lokaler Baukultur: Nutzung von Stein und Holz aus der Umgebung, kombiniert mit handwerklicher Erfahrung vor Ort.
- Kultureller Kontinuität: Bis heute gelebte Feste, Prozessionen und künstlerische Ausdrucksformen (Tanz, Theater, Musik, bildende Kunst) im und um den Tempel.
Für Besucher:innen ist der Tempel ein authentischer Ort, um zu verstehen, wie Glaube, Architektur und Alltagsleben in den Anden- und Selva-Gemeinden miteinander verflochten sind.

Anreise zum Templo San Francisco de Asís in Ollachea
Die Anreise zum Templo San Francisco de Asís erfolgt in der Regel über Macusani und von dort weiter nach Ollachea.
- Macusani – Ollachea: Ab dem Minibus-Paradero in Macusani fährst du mit einer Combi auf asphaltierter Straße nach Ollachea (ca. 54 km, rund 1 Stunde 15 Minuten).
- Im Ort: Vom Paradero in Ollachea erreichst du den Templo San Francisco de Asís zu Fuß – etwa 100 m auf asphaltierter Straße, in rund 5 Minuten. Der Tempel liegt nahe dem Ortszentrum und ist leicht zu finden.
Die kurze Gehstrecke erlaubt es, den Besuch gut mit einem Spaziergang durch den Ort und einen Blick ins Tal von Ollachea zu verbinden.
Beste Reisezeit und Besuchszeiten
Der Templo San Francisco de Asís kann grundsätzlich das ganze Jahr über besucht werden. Das Klima ist geprägt vom Übergang zwischen Hochland und Selva – sonnige Abschnitte wechseln mit Regenperioden, besonders in den feuchteren Monaten.
Besuchszeiten
- Empfohlener Zeitraum: Ganzjährig, vorzugsweise in den trockeneren Monaten und am Vormittag.
- Übliche Öffnungszeiten: Etwa 08:00–12:00 Uhr.
Religiöse Feste und kulturelle Aktivitäten
Der Templo San Francisco de Asís ist ein lebendiges Zentrum religiöser und kultureller Aktivitäten in Ollachea. Besonders lohnend ist ein Besuch zu den Patronatsfesten:
Patronatsfeste und religiöse Aktivitäten
- Fest der Kreuzes (Fiesta de la Cruz): Erste Woche im Mai, mit Messen, Prozessionen und rituellen Handlungen zu Ehren des heiligen Kreuzes.
- Fest des heiligen Apostels Santiago (Santiago Apóstol): Erste Woche im August, mit Feierlichkeiten, Gebeten und Prozessionen.
Kulturelle und künstlerische Ausdrucksformen
- Traditionelle Tänze: Während der Patronatsfeste beleben Tanzgruppen den Kirchplatz und die Straßen.
- Künstlerische Aktivitäten: Je nach Anlass sind Darbietungen von Tanz, Theater, Gesang, Malerei und Skulptur zu erleben.
- Fotografie und Film: Innenraum, Fassaden, Prozessionen und Festkleidung bieten vielfältige Motive.
- Studien und Forschung: Die Kirche ist ein interessantes Objekt für Untersuchungen zu Baugeschichte, Ikonografie und Evangelisierungsprozessen im Grenzraum zur Selva.
Tipps für den Besuch des Templo San Francisco de Asís
- Respektvoller Umgang: Der Tempel ist ein aktiver Gottesdienstraum – dezente Kleidung, leises Verhalten und Zurückhaltung bei Fotos während der Messe sind wichtig.
- Beste Tageszeit: Vormittags, wenn das Licht die Steinmauern und den Innenraum besonders stimmungsvoll erscheinen lässt.
- Kombination mit anderen Zielen: Der Besuch lässt sich gut mit einer Reise nach Macusani, den archäologischen Stätten und Naturattraktionen der Provinz Carabaya verbinden.
- Lokale Perspektiven: Ein Gespräch mit Gemeindemitgliedern oder dem Pfarrteam vertieft das Verständnis für die Geschichte, Legenden und heutige Rolle des Tempels im Alltag von Ollachea.
- Ausstattung: Leichte, aber wetterfeste Kleidung, Regenschutz (besonders in der Regenzeit), Sonnenschutz und bequemes Schuhwerk für die Wege im Ort.
Wer den Templo San Francisco de Asís besucht, erlebt nicht nur eine architektonisch interessante Steinkirche, sondern taucht ein in die lebendige Glaubens- und Festkultur eines Andenortes, der seit dem 19. Jahrhundert das Tor zur Selva puneña bildet.

Karte
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