Incahuasi – Das vergessene „Neue Cusco“ im Tal von Cañete
Ein verborgenes Machtzentrum der Inka – Incahuasi ist eine strategische Festung, königliche Residenz und kulturelles Spiegelbild von Cusco an der peruanischen Küste
Eingebettet zwischen den trockenen Hängen des Andenvorlandes und den fruchtbaren Ebenen des Río Cañete liegt eine der bedeutendsten archäologischen Stätten der peruanischen Küste: Incahuasi, das „Haus des Inka“.
Der Name stammt aus dem Quechua und bedeutet wörtlich „Haus des Inka“. Gelegen im Ortsteil Paullo, rund 30 Kilometer entlang der Landstraße Cañete–Yauyos, gilt die Anlage als eine der eindrucksvollsten kaiserlichen Bauten, die Inka Túpac Yupanqui während seiner Expansion an die Küste errichten ließ.
Historischer Hintergrund
Incahuasi entstand um das Jahr 1450 n. Chr., zu einer Zeit, als Túpac Yupanqui gemeinsam mit seinem Vater Pachacútec regierte. Die Stätte wurde bewusst als Neues Cusco konzipiert – mit Straßen, Plätzen, Durchgängen und öffentlichen Bereichen, die der Hauptstadt des Tahuantinsuyo detailgetreu nachempfunden waren.
Der Zweck war klar: Residenz und Kommandozentrale des Inka sowie Basislager für den Feldzug gegen die Huarcos, das Herrschaftsgebiet im unteren Cañete-Tal, das den Inka-Truppen erbittert Widerstand leistete. Hier lebten nicht nur Soldaten, sondern auch Verwaltungsbeamte, Handwerker und die „Auserwählten Frauen“ (Acllas), die eine wichtige Rolle im religiösen und politischen Leben spielten.
Archäologische Funde und Besonderheiten
Bei Ausgrabungen im Jahr 2013 machten Archäologen überraschende Entdeckungen:
- 64 runde Säulen – eine Seltenheit in der sonst rechtwinklig dominierten Inka-Architektur.
- Rund 20 Quipus – Knotenschnüre in verschiedenen Größen, die zur Verwaltung und Verteilung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen dienten. Sie belegen, dass Incahuasi ein zentrales Lager- und Verwaltungszentrum für die Produkte des Tals war.
Die wichtigsten Strukturen
- Ushnu: Ein zeremonieller Platz, von dem aus Opfergaben an die Götter dargebracht wurden. In der angrenzenden großen Plaza konnten sich bis zu 10.000 Menschen versammeln.
- Palast des Inka: Lange Säle, Korridore, Zylindersäulen und eine trapezförmige Plaza, in der Sonnenzeremonien stattfanden.
- Wohnzone: Quartiere für die Verwalter, mit typischer Inka-Architektur – trapezförmige Türen und Wandnischen.
- Colcahuasi: Über 200 rechteckige Vorratsspeicher (Colcas) mit einer Gesamtkapazität von mehr als 2.500 m³.
- Acllahuasi: Der Bereich der „Auserwählten Frauen“, erkennbar an den rot bemalten Wänden.
Bedeutung und Schutzstatus
Incahuasi ist die wichtigste Inka-Stätte der peruanischen Küste und wird als einzigartiges Beispiel für die Ausdehnung der Hochlandkultur in Küstenregionen angesehen. Am 17. Mai 2000 wurde die Anlage durch die Resolución Directoral Nacional N° 564/INC des Instituto Nacional de Cultura offiziell als Patrimonio Cultural de la Nación anerkannt.
Anreise
Von Lima aus:
- Mit dem öffentlichen Bus vom Terminal Atocongo nach San Vicente de Cañete – ca. 132 km, etwa 2 Stunden Fahrzeit.
- Von San Vicente nach Imperial – 4,6 km, ca. 10 Minuten (Auto).
- Von Imperial nach Incahuasi (Richtung Lunahuaná) – 25 km, etwa 35 Minuten mit dem Combi oder Auto.
Von Lunahuaná aus:
- Ab Plaza de Armas sind es nur 9,2 km – ca. 14 Minuten mit dem Auto.
Besuch und Öffnungszeiten
Das Gelände ist ganzjährig von 09:00 bis 18:00 Uhr (Montag bis Sonntag) geöffnet.
Der Zutritt ist semi-restriktiv – Besucher müssen vorab die Genehmigung beim zuständigen Archäologen Ernesto Lázaro (Tel. 992940678) einholen.
Warum sich ein Besuch lohnt
Incahuasi ist kein gewöhnliches Ruinenfeld – es ist ein Fenster in eine Zeit, in der das Inka-Reich seine politische, militärische und kulturelle Macht bis an die Küste ausdehnte. Die Anlage erzählt von Eroberungskriegen, logistischen Meisterleistungen, religiösen Ritualen und einer beeindruckenden Anpassung der Hochlandarchitektur an die Bedingungen der Küstenregion.
Wer Incahuasi besucht, wandelt nicht nur auf den Spuren des Inka Túpac Yupanqui, sondern erlebt die Verbindung zwischen Cusco und der Küste – in Stein verewigt, fast 600 Jahre alt, und doch in seiner räumlichen Struktur noch immer lebendig.
Übernachten in der Nähe von Incahuasi
Wer Incahuasi besucht, kann den Ausflug ideal mit einem Aufenthalt im Cañete-Tal verbinden. Besonders Lunahuaná, nur wenige Fahrminuten von der archäologischen Stätte entfernt, ist ein perfekter Ausgangspunkt. Das Tal ist bekannt für sein warmes Klima, die Wein- und Pisco-Produktion sowie ein vielfältiges Freizeitangebot – von Rafting über Fahrradtouren bis zu gemütlichen Spaziergängen entlang des Río Cañete.
In und um Lunahuaná finden sich Unterkünfte für jeden Geschmack:
- Landhotels und Boutique-Haciendas inmitten von Weinbergen – oft mit Pool, Garten und Blick auf die Berge.
- Familiengeführte Hostales mit herzlicher Gastfreundschaft und regionaler Küche.
- Abenteuerlodges für aktive Reisende, oft mit direktem Zugang zu Outdoor-Aktivitäten.
Wer es ruhiger mag, kann auch im nahegelegenen San Vicente de Cañete übernachten. Die Stadt bietet einfache Hotels, Restaurants und gute Verkehrsanbindung nach Lima. Die Unterkunft hier mit agoda buchen.
Ein Tipp für Kultur- und Genussreisende: Verbinde den Besuch von Incahuasi mit einer Pisco-Verkostung in einem der lokalen Weingüter – viele Unterkünfte organisieren diese Erlebnisse direkt für ihre Gäste.
Titelbild: Mincetur