Volkstänze in Peru
Andenmusik und europäische Einflüsse: die berühmtesten peruanischen Tänze
Die Peruaner lieben die Musik und den Tanz. Tanzen ist ein Ausdruck von Freude und auch Ehrerbietung. Kein Wunder also, dass es in dem südamerikanischen Land viele Tänze gibt. Ebenso wenig überrascht es, dass viele Tänze aus der Zeit der Inkas stammen, andere haben die Spanier nach Peru mitgebracht und wieder andere wurden hauptsächlich von afrikanischen Sklaven getanzt. Wir stellen Ihnen hier die wichtigsten Tänze, ihre Bedeutung und Entstehung vor.
Inhalt
La Marinera – Perus nationales Kulturerbe
La Marinera ist ein Tanz im 3/4-Takt. Er gehört zum Kulturerbe der Nation. Der Tanz stammt vom nördlichen Küstenabschnitt Perus aus den Regionen um Trujillo, Chiclayo und Piura und entstand im 17. Jahrhundert. Er verbindet spanische, indianische und afrikanische Einflüsse. Aus diesem Grund ist man sich nicht ganz einig, welchem Land der Tanz eigentlich zugeordnet werden soll.
La Marinera wird von Paaren getanzt und stellt das Werben eines Mannes um eine Frau dar. Mit der Gitarrenbegleitung ist La Marinara ein sehr rhythmischer Tanz. Kokette Blicke und spielerisch geschwenkte Taschentücher verleihen ihm eine unaufdringliche Erotik.
Die Herren tragen neben ihrem weißen oder schwarzen Reiterkostüm einen großen Hut, die Damen einen weiten Rock. Die Dame tanzt barfuß, der Mann kann, wenn er will, Schuhe tragen. Das ist eine große Herausforderung auf unebenen oder heißen Böden, beispielsweise im Freien. Typisch für La Marinera sind die langen Trommelwirbel zu Beginn des Stücks.
Beeindruckend sind die stepptanzähnlichen kleinen Schritte, die die Tänzer ausführen. Dazu kommen Verneigungen, aber auch umwerbende Gesten mit den Armen und leichte Verneigungen.
Aufgrund der Bekanntheit des Tanzes hat Trujillo den Titel ‚Nationalhauptstadt der Marinera‚ bekommen. Seit 1960 findet dort jedes Jahr im Januar ein Marinera-Tanzwettbewerb statt, auf dem peruanische und ausländische Tanzpaare ihr Können beweisen.
Der Wettbewerb ist Teil des Marinera-Festivals und auch ein großes Highlight für Touristen. Neben Erwachsenen nehmen Kinder und Jugendliche am Wettbewerb teil, die in eigenen Kategorien tanzen. Auch 7. und 8. Oktober sind peruweit diesem Tanz gewidmet ist. Dann finden nicht nur in Trujillo Veranstaltungen statt, sondern auch in Lima und anderen Städten. Denn es gibt einige Varianten des Tanzes, eine davon wird in Lima praktiziert, die Marinera Limeña. Der Tanz ist etwas langsamer, die Bewegungen etwas weicher als in der nördlichen Variante. Auch der Anzug der Herren sieht etwas anders aus.
Huayno ist ein Tanz aus den Anden im 2/4-Takt. Die Tänzer tragen die typische, farbenfrohe Tracht der Berge und halten Hüte, Taschentücher oder andere Accessoires in den Händen. Auch der Huayno ist ein Werbungstanz, also ein Paartanz. Dabei sich drehen sich die beiden Tänzer, oder laufen im Kreis und verstärken den Rhythmus der Musik mit kräftigen Schritten. Oft sind aber nicht nur zwei Tänzer auf der Tanzfläche, sondern mehrere Paare, die untereinander den Partner tauschen.
Der Huayno stammt ursprünglich aus der Inkazeit, doch sind nach der Eroberung Perus durch die Spanier auch spanische Einflüsse hinzugekommen. Je nach Region gibt es unterschiedliche Varianten, sowohl im Tanz aus als in der Kleidung. Als Instrumente werden Andenflöten, das Charango, ein kleines Zupfinstrument, Harfen und Geigen eingesetzt.
Manche Bands verwenden aber auch moderne Instrumente wie Akkordeon, Saxophon und Trompete. Durch die Verwendung der vielen Melodieinstrumente ist der Huayno im Gegensatz zur Marinera ein sehr melodischer Tanz.
Supaypa wasin tusuq – akrobatische Sprünge mit Scheren
Auf Spanisch heißt dieser Tanz Scherentanz. Die Originalbezeichnung Supaypa wasin tusuq bedeutet aber etwas ganz anderes: Der Tänzer im Haus des Teufels. Ursprünglich wurde der Tanz von Priestern, Magiern und Schamanen, den Tusuq Laykas, der vorspanischen Zeit in Peru getanzt.
Man kann sich vorstellen, dass dieser Tanz bei den katholischen Spaniern, als sie Peru eroberten, nicht beliebt war. Erst wurde der Tanz verboten, später aber wieder erlaubt. Die glitzernden, farbenfrohen Kostüme, die heute verwendet werden, tragen deutlich Einflüsse der spanischen Kultur. Der Tanz stammt aus den südlichen Anden und ist in der Region von Huancavelica und Ayacucho bis nach Apurímac verbreitet.
Der 27. Dezember ist der offizielle Tag des Scherentanzes in Huancavelica und ein großes Event für die Bevölkerung und für ausländische Besucher. Der Scherentanz ist ein Gruppentanz, die Tänzer tanzen meist synchron, teilweise gibt es Soloeinlagen. Beim Supaypa wasin tusuq ist vor allem die Beinarbeit interessant.
Die Tänzer machen ausladende Schritte, beugen die Knie, springen und strecken sich fast im Spagat. Doch die extravaganten Elemente sind nicht die Kleidung und die Tanzschritte: In der rechten Hand halten die Tänzer eine Schere, die sie rhythmisch öffnen und schließen. Das ist gar nicht so ungefährlich. Der Tanz kann mehrere Stunden dauern – er sollte früher eine physische und geistige Probe der Tänzer darstellen. Traditionelle Begleitinstrumente sind die Harfe und die Geige.
Die Huaconada stammt aus dem Dorf Mito in den Anden. Sie ist ein ritueller Tanz, der in den ersten drei Januartagen zum Jahreswechsel aufgeführt wird.
Ältere Einheimische verkleiden sich dafür mit Hilfe von Masken als alte Männer mit großen Nasen und ziehen zum Klang der Musik durch den Ort. Sie stellen den Ältestenrat dar – die höchste Autorität des Volkes.
Die großen Nasen sollen an den Schnabel des Kondors, des heiligen Vogels, erinnern. Die Alten werden von jüngeren Verkleideten mit anderen Masken, die Furcht, Trauer oder Spott ausdrücken, umtanzt. Die Tänzer sollen die Bewohnern, die sich schlecht verhalten oder faul sind, dazu bringen, sich im neuen Jahr zu bessern.
Die traditionelle Methode dazu ist das Auspeitschen. Nicht ernsthaft, aber zum Spaß wird so manchem Dorfbewohner dabei der Hintern versohlt. In der Regel werden die Kleider und Masken in einer Familie immer weiter vererbt. Wichtig ist, dass nur Menschen, die sich selbst gut verhalten, Huacones, also Tänzer der Huaconada sein können. Der Tanz wurde 2010 von der UNESCO zum immaterielles Kulturerbe der Menschheit erklärt.
El Vals Criollo – kein gewöhnlicher Walzer
Der Tanz heißt auf Deutsch Kreolischer Walzer oder Peruanischer Walzer. Er ist aus dem europäischen Walzer entwickelt worden, erinnert aber fast nicht an diesen.
Aufgrund der Instrumentierung ist er nicht sofort als Walzer erkennbar. Zwar liegt ihm ein 3/4-Takt zugrunde, doch lenkt die oft dominante Gitarrenbegleitung davon ab.
Besonders ist auch, dass der Vals Criollo in der Regel ein gesungenes Lied ist. Diese Tradition stammt von der afro-peruanischen Bevölkerung. Unter dieser war der Walzer in Peru auch zuerst verbreitet, bevor ihn die bessergestellten Bevölkerungsschichten übernahmen. Der Kreolische Walzer ist ein repräsentativer Tanz, der bei vielen Festen von Paaren getanzt wird. Die Tanzschritte sind nicht so ausladend wie beim europäischen Walzer, sondern eher klein und zierlich. Damit wirkt er leicht und spielerisch.
Tondero – Werbung um eine Frau
Der Tondero ist ein sehr ausdrucksstarker Tanz. Im Prinzip hat der Tondero Ähnlichkeit mit der Marinera, soll aber angeblich vom Liebesritual von Hühnern beeinflusst sein. Der Tondero ist in den Tanzschritten ein wenig freier und wurde hauptsächlich von Schwarzen getanzt.
Der Mann verfolgt die Frau, die ihm immer wieder entwischt und dabei kokett mit den Hüften wackelt, den Rock etwas anhebt oder mit dem Fuß wie eine Henne über den Boden kratzt. Die Männer halten Hüte und ein Taschentuch in der Hand, und ziehen mit schwungvollen Gesten gespielt die Aufmerksamkeit der Frau auf sich. Die Frau hat ebenso ein Taschentuch. Die beiden entfernen sich voneinander, nähern sich wieder an, umkreisen sich, bis sie auf den letzten Ton zusammenfinden. Traditionell wurden für die Musik Gitarren verwendet, aber auch eine Klavierbegleitung, Schlagzeug und Trompeten sind möglich.
Wititi – der Tanz der Jugend
Wititi ist der traditionelle Tanz aus dem Colca-Tal bei Arequipa. Gruppen von Tänzern tanzen synchron nach einer bestimmten Choreographie, teilen sich dabei aber auch in Paare auf.
Wititi symbolisiert die Begegnung zwischen jungen Männern und Frauen und spielt auf das Erwachsenwerden der Menschen an. Die Tänzer tragen die traditionelle bunte Tracht der Anden. Der Tanz beruht darauf, dass sich auch die Männer Röcke anziehen. Damit kann sich der werbende Mann einer Frau von anderen Personen unerkannt nähern. Eine andere Erklärung des Tanzes ist eine militärische: die Feinde sollten verwirrt werden, weil sie dachten, sie kämpften gegen Frauen.
Der Tanz wird bei vielen Festen in Arequipa und im Colca-Tal aufgeführt. Traditionell wurden für die Musik die Instrumente der Anden verwendet, beispielsweise Flöten und Trommeln. Aber auch mit Trompeten, Saxophonen und Schlagzeug wird der Tanz heute aufgeführt.